Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 121
Weiter kann der Erblasser nach § 2338 Abs. 1 S. 2 BGB für die Lebenszeit des Abkömmlings auch eine Verwaltungstestamentsvollstreckung (§ 2209 S. 1 Alt. 1 BGB) anordnen mit der Maßgabe, dass dann dem Abkömmling der Anspruch auf den jährlichen Reinertrag des Pflichtteils verbleibt; die Dreißig-Jahres-Grenze des § 2210 BGB gilt hier nicht (§ 2210 S. 2 BGB). Mit dieser Maßnahme entzieht der Erblasser dem Abkömmling das Verfügungsrecht unter Lebenden (§§ 2205, 2211 BGB), schließt dessen Eigengläubiger von der Pfändung aus (§ 2214 BGB) und entzieht diesen nach Maßgabe des § 863 Abs. 1 S. 2 ZPO auch die Nutzungen. Die Erstreckung der Testamentsvollstreckung auf die Nacherben oder Nachvermächtnisnehmer dürfte zulässig sein und ist sinnvoll.
Rz. 122
Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung wird der Abkömmling nicht gehindert, über das ihm Hinterlassene von Todes wegen zu verfügen; wurde ihm ein Erbteil zugewandt, so kann er auch hierüber ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers bereits zu seinen Lebzeiten nach § 2033 BGB verfügen. Eigengläubiger des Erben können dessen Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker (§§ 2216, 2217 BGB) pfänden; wurde ihm ein Erbteil zugewandt, so ist auch dieser pfändbar (§ 859 Abs. 2 ZPO); wurde daneben aber auch Nacherbfolge angeordnet, so wird mit Eintritt des Nacherbfalls die Pfändung unwirksam (§ 2115 BGB).
Praxishinweis
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist ein absolutes "Muss" für eine sinnvolle Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht! Am besten aber ist deren Kombination mit einer Vor- und Nacherbschaft.
Rz. 123
Bei der Anordnung der Testamentsvollstreckung verbleibt aber dem pflichtteilsberechtigten Abkömmling der jährliche Reinertrag (§ 2338 Abs. 1 S. 2 BGB). Damit unterliegt dieser dem Zugriff der Eigengläubiger, soweit er den nach § 863 Abs. 1 S. 2 ZPO pfändungsfreien Teil übersteigt, also das, was für den standesgemäßen Unterhalt des Abkömmlings und zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erforderlich ist. Diese Gesetzeslücke gegen die Pfändungsabwehr versucht man durch entsprechende Testamentsgestaltungen zu schließen. Hierzu werden verschiedene Lösungsversuche diskutiert:
Rz. 124
(1) Unterwirft der Erblasser die Reinerträge ebenfalls der Testamentsvollstreckung, so ist dies an sich nicht mehr vom Gestaltungskanon des § 2338 BGB gedeckt. Im Hinblick auf § 2306 Abs. 1 BGB drohen dieser Anordnung Gefahren. Demgegenüber wird überwiegend vertreten, der Abkömmling könne sich dieser Anordnung unterwerfen und damit den Reinertrag dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen. Für die Rechtslage nach der Erbrechtsreform ist dies zutreffend.
Rz. 125
(2) Empfohlen wird teilweise eine Anordnung, dass der Reinertrag zwar dem pflichtteilsberechtigten Abkömmling zukommen soll, bei einer Abtretung oder Pfändung durch seine Eigengläubiger aber der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterfällt und dann für Naturalverpflegung des Abkömmlings zu verwenden ist. Konstruktiv lässt sich dies dahin verstehen, dass es sich um eine aufschiebend bedingt angeordnete Erweiterung der Verwaltungszuständigkeit des Testamentsvollstreckers handelt, die eine logische Sekunde vor der Abtretung oder Pfändung eingreift. Als eindeutige Gläubigerbeeinträchtigung ist sie aber unwirksam (§ 138 BGB).