Rz. 467
Ob bedingte Zuwendungen wirksam sind, ist insbesondere bei sog. Verwirkungsklauseln zu prüfen (auch kassatorische, privatorische Klauseln oder Strafklauseln genannt). Von Verwirkungsklausel spricht man, wenn der Erblasser seine Zuwendung (Erbeinsetzung, Vermächtnis) mit der – i.d.R. auflösenden Bedingung – verknüpft, der Bedachte solle nichts bzw. nur den Pflichtteil erhalten, wenn er gegen den letzten Willen vorgeht oder diesem zuwiderhandelt.
Rz. 468
In der Praxis finden sich häufig Anordnungen des Inhalts, dass bei Zuwiderhandlungen die Erbenstellung des Bedachten zwar aufrechterhalten wird, der Bedachte aber verpflichtet ist, den Nachlass oder Teile davon an einen Dritten vermächtnisweise herauszugeben (Herausgabevermächtnis in der Form des aufschiebend bedingten Vermächtnisses). Derartige Klauseln sind grundsätzlich im Rahmen der Testierfreiheit zulässig.
Häufiges Beispiel für eine Verwirkungsklausel ist die Bestimmung in einem gemeinschaftlichen Testament mit Einheitslösung, der Schlusserbe erhalte auch beim Tod des überlebenden Ehegatten nur den Pflichtteil, falls er beim Tod des erststerbenden Ehegatten den Pflichtteil verlangt hat (sog. Pflichtteilsstrafklausel).
In Bezug auf die Wirksamkeit solcher Klauseln bestehen aber Grenzen.
Rz. 469
Bei sog. Pflichtteilsklauseln können insofern Auslegungsschwierigkeiten auftreten, als nicht immer eindeutig formuliert ist, unter welchen Voraussetzungen genau die Enterbung eintritt, wenn Pflichtteilsansprüche auf den Tod eines Elternteils geltend gemacht werden.
Enthält ein Erbvertrag (oder ein Testament) eine Pflichtteilsklausel mit einer aufschiebend bedingten Enterbung, so kann ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerststerbenden nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen.