Rz. 396
Allerdings: Das Testament des Angehörigen eines Heimbewohners, mit dem der Heimträger zum Nacherben eingesetzt wird und von dem dieser erst nach dem Tod des Erblassers erfährt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 HeimG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.
Rz. 397
In dem vom BGH am 26.11.2011 entschiedenen Fall hatte der Erblasser ein sog. Behindertentestament errichtet.
Der Sohn des verwitweten Erblassers, dessen einziges Kind, war schwer behindert und lebte in einer Einrichtung, die Wohnheime und Tagesförderstätten für Menschen mit schwerer Behinderung umfasst. In einem notariellen Testament setzte der Erblasser seinen Sohn zu seinem nicht befreiten Vorerben und die Einrichtung zum Nacherben sowie zum Ersatzerben ein. Über dieses Testament wurde der Heimträger erst nach dem Tod des Erblassers informiert. Der Sohn hat nach dem Tod seines Vaters die Erteilung eines Erbscheins des Inhalts beantragt, dass er unbeschränkter Alleinerbe geworden sei, weil die Einsetzung des Heims gegen § 14 HeimG verstoße und deshalb gem. § 134 BGB (gesetzliches Verbot) nichtig sei.
Sowohl das Nachlassgericht als auch das Landgericht (Beschwerdegericht nach dem bis 31.8.2009 geltenden FGG) haben den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Das nach Einlegung der weiteren Beschwerde zuständige OLG hat die Sache dem BGH zur Entscheidung vorgelegt, weil das OLG von einer Entscheidung des OLG München abweichen wollte.
In einer Entscheidung aus dem Jahr 1996 hatte der BGH die Nichtigkeit eines Testaments allein mit der Kenntnis der dort Bedachten bzw. ihrer Wissensvertreter begründet.
Rz. 398
Nicht der Heimbewohner war in dem vom BGH aktuell entschiedenen Fall der zuwendende Erblasser, sondern ein Dritter, hier der Vater des Heimbewohners.
Dazu der BGH:
Zitat
"Dies ist … jedenfalls nicht dann anders zu beurteilen, wenn das den Heimträger begünstigende Testament nicht vom Heimbewohner, sondern von einem seiner Angehörigen stammt und der Heimbewohner nach dem Tode des Erblassers weiterhin im Heim des Trägers lebt."
Rz. 399
Der BGH zu den Grenzen des § 14 HeimG:
Zitat
"Ein Eingreifen des an den Heimträger gerichteten Verbots setzt voraus, dass dieser sich etwas "versprechen oder gewähren" lässt. Eine einseitige Willenserklärung oder Betätigung des Gebers genügt mithin nicht; es muss eine Annahmeerklärung des Empfängers oder ein entsprechendes vorangegangenes Verlangen hinzukommen. Am notwendigen Merkmal des "sich gewähren lassen" fehlt es deshalb nach allgemeiner Auffassung beim "stillen" Testament eines Heimbewohners, von dem der Heimträger bis zum Eintritt des Erbfalles keine Kenntnis erlangt hat."
Rz. 400
Diese Rechtsprechung stimmt mit der des BVerfG überein. Dieses hat die in § 14 HeimG enthaltene Einschränkung der Testierfreiheit des Heimbewohners als verfassungskonform unter anderem mit der Erwägung gebilligt, eine Unverhältnismäßigkeit der Regelung zur Erreichung der mit ihr verfolgten Zwecke liege nicht vor, weil testamentarische Verfügungen, die dem Betroffenen nicht mitgeteilt und im Stillen angeordnet werden, stets zulässig seien; bei fehlender Kenntnis des Begünstigten sei das Testament stets wirksam.
Hinweis
BVerfG und BGH: Beim "stillen" Testament liegen die Voraussetzungen des § 14 HeimG nicht vor, anderenfalls wäre die Testierfreiheit des Erblassers tangiert.