Rz. 73

Der Erbschein ist einzuziehen, wenn er sachlich unrichtig ist, § 2361 S. 1 BGB. In der Praxis kann sich die materielle Unrichtigkeit vor allem ergeben, wenn ein Testament vom Gericht falsch ausgelegt, nachträglich ein jüngeres widersprechendes Testament gefunden oder eine wirksame Anfechtung erklärt wurde.

 

Beispiele

Falscher Erbe oder Erbteil, fehlende Beschränkung, falscher Berufungsgrund (wenn dann eine falsche Quote angenommen wird).[41]

Ein Erbschein ist auch dann unrichtig, wenn in ihm eine angeordnete Nacherbfolge nicht angegeben ist.[42]

Bei Anordnung einer bedingten Nacherbschaft, z.B. bei Wiederverheiratungsklauseln, kann ein ursprünglich korrekter Erbschein durch Eintritt der Bedingung unrichtig werden.

 

Rz. 74

Muster 8.24: Antrag auf Einziehung eines Erbscheins wegen materieller Unrichtigkeit

 

Muster 8.24: "Antrag" auf Einziehung eines Erbscheins wegen materieller Unrichtigkeit

An das

Amtsgericht

– Nachlassgericht –

_________________________

Nachlasssache _________________________

Az. _________________________

Einziehung des Erbscheins

In der Nachlasssache _________________________, verstorben am _________________________ in _________________________, beantrage ich namens und im Auftrag meines Mandanten _________________________, den vom Amtsgericht _________________________ am _________________________ der Witwe des Erblassers, _________________________, erteilten Erbschein einzuziehen.

Begründung:

Das Nachlassgericht hat der Ehefrau des Erblassers _________________________, _________________________, am _________________________ einen Erbschein dahin erteilt, dass sie (Allein-)Vorerbin und der Antragsteller Nacherbe geworden ist. Nach dem Inhalt des Erbscheins sollte die Nacherbfolge auch mit der Wiederverheiratung der Vorerbin eintreten.

Ausweislich der beiliegenden Heiratsurkunde vom _________________________ hat sich die Mutter des Antragstellers, _________________________, nunmehr wieder verheiratet. Der Erbschein ist damit unrichtig geworden und einzuziehen, § 2361 BGB.

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 75

 

Beachte

Die Einziehung erfolgt von Amts wegen. Ein in der Praxis üblicher "Antrag" eines Beteiligten ist als Anregung zu werten.

[41] MüKo-BGB/Grziwotz, § 2361 Rn 3.
[42] BayObLG FamRZ 1994, 658.

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