Norbert Schneider, Lotte Thiel
aa) Überblick
Rz. 325
Eine besondere Wertvorschrift für ein Verfahren auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ist im FamGKG nicht vorgesehen, so dass auf § 42 FamGKG zurückzugreifen ist, und zwar auf dessen Abs. 1, da es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt. Maßgebend ist das Interesse des Antragstellers an der Beendigung der Zugewinngemeinschaft.
Rz. 326
Da in diesem Verfahren keine Entscheidung über den Zahlungsanspruch auf Zugewinnausgleich ergeht, kann die Höhe des Ausgleichsanspruchs selbst nicht entscheidend sein. Der Antrag geht lediglich auf eine Gestaltung, nämlich auf die Beendigung der Zugewinngemeinschaft. Den Eheleuten bleibt es vorbehalten, nach Rechtskraft der Entscheidung über die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft den Zahlungsanspruch gesondert zu regeln, sei es außergerichtlich oder in einem isolierten Verfahren.
Rz. 327
Für die Wertberechnung ist wegen der unterschiedlichen Berechnungszeitpunkte danach zu differenzieren, ob der Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags oder bereits vorher gestellt worden ist.
bb) Vorzeitiger Zugewinnausgleichs nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags
Rz. 328
Wird der Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gestellt, nachdem der Scheidungsantrag bereits rechtshängig geworden ist, gilt auch für den vorzeitigen Zugewinnausgleich hinsichtlich des Endvermögens der Stichtag des § 1384 BGB, also der frühere Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.
Rz. 329
In diesem Fall kann sich der Höhe nach kein Unterschied zwischen dem Ausgleichsanspruch im Fall der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und dem Ausgleichsanspruch für den Fall der Rechtskraft der Scheidung ergeben, da die Berechnungszeitpunkte für Anfangs- und Endvermögen dieselben sind. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Zugewinnausgleichsanspruch zu einem früheren Zeitpunkt fällig wird.
Rz. 330
Das Interesse des Antragstellers besteht in diesem Fall daher in dem (Vor-)Fälligkeitsinteresse. Dieses Interesse ist in Abhängigkeit zur Ausgleichsforderung und der zu erwartenden Dauer bis zur Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen. Zu berücksichtigen sein kann hier das Interesse, den Zugewinnausgleich zinsbringend anzulegen, wobei dieses Interesse angesichts der derzeitigen Zinslage äußerst gering anfallen wird. Das Interesse kann aber auch dahingehen, den Zugewinn anderweitig gewinnbringend anzulegen, etwa in eine Immobilie, oder eigene Schulden abzulösen. Fehlen jegliche Angaben, kann gegebenenfalls auf den Auffangwert des § 43 Abs. 3 FamGKG abgestellt werden.
Rz. 331
Das OLG Nürnberg will den Wert regelmäßig mit einem Fünftel des Zugewinnanspruchs annehmen. Das erscheint jedoch willkürlich, weil dies das Zeitmoment außer Ansatz lässt.
cc) Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich vor Rechtshängigkeit der Scheidung
Rz. 332
Wird der Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gestellt, bevor der Scheidungsantrag rechtshängig war oder wird ein Scheidungsantrag gar nicht gestellt, so ist für die Berechnung des Endvermögens anstelle der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags jetzt der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Aufhebungsantrags maßgebend (§ 1387 BGB). Wird später noch der Scheidungsantrag eingereicht, ändert dies nichts daran, dass der frühere Zeitpunkt der Einreichung des Aufhebungsantrags für die Berechnung des Endvermögens maßgebend bleibt.
Rz. 333
Das Interesse des Antragstellers im Falle des vorzeitigen Zugewinnausgleichs besteht also in diesem Fall nicht nur darin, den Zugewinnausgleich früher als erst bei Rechtskraft der Scheidung verlangen zu können (siehe Rdn 330), sondern auch darin, dass sich der Zugewinnausgleich nunmehr zu einem früheren Zeitpunkt berechnet. Beide Aspekte sind bei der Wertfestsetzung jetzt zu berücksichtigen.
Rz. 334
Das Vorfälligkeitsinteresse ist wie Rdn 330 zu bewerten.
Rz. 335
Das Interesse an einem anderen Endvermögensstichtag ist zusätzlich zu bewerten. Es ist danach zu fragen, mit welchem Zugewinn nach dem früheren Stichtag des Aufhebungsverfahrens zu rechnen ist und mit welchem Zugewinnausgleich zum späteren Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags zu rechnen gewesen wäre. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten können sich erhebliche Unterschiede ergeben, nämlich dann, wenn der Ausgleichsverpflichtete zwischenzeitlich Vermögen verliert. Das können zum einen zu berücksichtigende Vermögensverluste sein, aber auch illoyale Vermögensverschiebungen. Zwar sind diese für den Zugewinnausgleich u.U. irrelevant, allerdings nur, wenn der Ausgleichsberechtigte die Benachteiligungsabsicht beweisen kann. Veränderungen können sich auch daraus ergeben, dass der Ausgleichsberechtigte Vermögen hinzuerwirbt (z.B. einen Lottogewinn) und sich damit der Ausgleichsanspruch reduziert oder – schlimmstenfalls – in eine Ausgleichspflicht wandelt.
Rz. 336
Das Problem in der Praxis dürfte allerdings darin lieg...