Norbert Schneider, Lotte Thiel
I. Überblick
Rz. 23
Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren richten sich die Gebühren des Anwalts nach Teil 3 Abschnitt 1 VV, nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV und gegebenenfalls eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen (Nr. 1010 VV).
Rz. 24
Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den Wertvorschriften des gerichtlichen Verfahrens, also den besonderen Wertvorschriften der §§ 51, 52 FamGKG und den allgemeinen Wertvorschriften der §§ 33 ff. FamGKG. Insoweit ist der Anwalt gem. § 32 Abs. 1 RVG an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden.
Rz. 25
Der Anwalt erhält zunächst einmal für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.
Rz. 26
Die Gebühr kann sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV auf 0,8 ermäßigen.
Rz. 27
Eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ist in Familienstreitsachen nicht möglich.
Rz. 28
Ist vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) angefallen, so ist diese hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Rz. 29
Kommt es zu einem gerichtlichen Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV, erhält der Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
Rz. 30
Die Terminsgebühr entsteht ferner nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV, wenn es zu einer Besprechung des Anwalts mit dem Gegner, dessen Anwalt oder einem Dritten (z.B. Jugendamt) kommt. Das gilt auch im vereinfachten Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger. Dass hier eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, ist unerheblich, da diese Variante der Terminsgebühr kein Verfahren mit einer obligatorischen mündlichen Verhandlung mehr voraussetzt.
Rz. 31
Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, wenn das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet oder die Beteiligten einen schriftlichen Vergleich schließen, ist hier grundsätzlich immer möglich, da in den Familienstreitsachen nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Lediglich für die vereinfachen Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger gilt das nicht, da hier eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist.
Rz. 32
Darüber hinaus ist in Familienstreitsachen – mit Ausnahme des vereinfachen Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger – auch ein Anerkenntnis möglich, so dass nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch dann eine 1,2-Terminsgebühr entsteht, wenn das Gericht nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 307 ZPO einen Anerkenntnisbeschluss ohne mündliche Verhandlung erlässt.
Rz. 33
Eine Ermäßigung der Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV auf 0,5 ist möglich, da in Familienstreitsachen Versäumnisentscheidungen in Betracht kommen (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 330 ff. ZPO). Voraussetzung ist, dass
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der gegnerische Beteiligte zum Termin nicht erschient oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und |
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der Anwalt des erschienenen Beteiligten
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lediglich einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisbeschlusses stellt oder |
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lediglich einen Antrag zur Verfahrens- und Sachleitung stellt oder |
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das Gericht von Amts wegen zur Verfahrens- und Sachleitung entscheidet. |
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Rz. 34
Dem steht es gleich, wenn ein Versäumnisbeschluss im schriftlichen Vorverfahren nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 331 Abs. 3 ZPO ergeht (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV), selbst dann, wenn der Antragsteller vergessen hatte, den Antrag auf Erlass eines Versäumnisbeschlusses zu stellen und das Gericht ohne Antrag einen Versäumnisbeschluss erlässt.
Rz. 35
Des Weiteren kann eine 1,0-Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV) entstehen.
Rz. 36
Soweit nicht anhängige Gegenstände in die Einigung mit einbezogen werden, entsteht unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG eine zusätzliche 1,5-Einigungsgebühr. In diesem Fall erhält der Anwalt aus dem Mehrwert auch eine Verfahrensdifferenzgebühr (Nr. 3101 Nr. 2 VV) und die Terminsgebühr.
Rz. 37
Möglich ist schließlich auch eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen nach Nr. 1010 VV. Praktische Bedeutung hat diese Gebühr allenfalls in Zugewinnverfahren.
Rz. 38
Die Höhe der Gebühr beträgt 0,3.
Rz. 39
Die Voraussetzungen der Gebühr sind
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eine besonders umfangreiche Beweisaufnahme und |
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mindestens drei Termine, an denen Zeugen oder Sachverständige vernommen worden sind. |
II. Güterrechtssachen mit Ausnahme Zugewinn
1. Überblick
Rz. 40
Sonstige Güterrechtssachen als Familienstreitsachen – ausgenommen Verfahren auf Zugewinn (siehe Rdn 241 ff.) – sind Verfahren, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen (§ 261 Abs. 1 FamFG...