Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Überblick
Rz. 241
Isolierte Zugewinnverfahren als Familienstreitsachen sind:
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Verfahren auf Zahlung des Zugewinnausgleichs (§ 1378 BGB), |
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Verfahren über darauf gerichtete Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche (§ 1379 BGB), |
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Stufenverfahren (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 254 ZPO) auf Auskunft (gegebenenfalls auch eidesstattliche Versicherung) und Zahlung, |
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Verfahren auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§§ 1385, 1386 BGB), |
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Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1385 BGB), |
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Verfahren auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§ 1386 BGB), |
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Verfahren über Ansprüche des Ausgleichsberechtigten gegen Dritte (§ 1390 Abs. 1 BGB). |
Rz. 242
Darüber hinaus können im Fall des sog. kleinen Amtsverbunds (§ 265 FamFG) Familienstreitsachen und Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit im selben Verfahren zusammentreffen. Das ist der Fall, wenn in einem Verfahren auf Zahlung des Zugewinnausgleichs zugleich
beantragt.
Rz. 243
Die Ansprüche auf Übertragung und Stundung müssen in diesem Fall in demselben Verfahren erhoben werden (§§ 1382 Abs. 5, 1383 Abs. 3 BGB).
Rz. 244
Die Gebühren richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) und gegebenenfalls eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen (Nr. 1010 VV).
Rz. 245
Die Gegenstandswerte in Zugewinnverfahren richten sich, soweit sie auf eine Geldzahlung gerichtet sind, nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m § 35 FamGKG. Sonstige Ansprüche sind nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 42 Abs. 1 FamGKG zu bewerten.
Rz. 246
Ergänzend gelten die allgemeinen Wertvorschriften, insbesondere die §§ 38, 39 FamGKG.
Rz. 247
Wird im Verfahren auf Zahlung der Zugewinnausgleichsforderung auch ein Antrag nach § 1382 Abs. 5 BGB (Stundung) oder § 1383 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1382 Abs. 5 BGB (Übertragung von Vermögensgegenständen) gestellt, ist § 52 FamGKG zu beachten, der allerdings nur für die Gerichtsgebühren gilt, nicht auch für die Anwaltsgebühren (siehe Rdn 314).
2. Isolierte Verfahren auf Zahlung des Zugewinnausgleichs
a) Gegenstandswert
Rz. 248
Wird eine bezifferte Forderung auf Zugewinnausgleich geltend gemacht, bemisst sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 35 FamGKG. Maßgebend ist der Wert der verlangten Ausgleichsforderung.
Beispiel 137: Antrag auf Zahlung von Zugewinn
Der Ehemann beantragt Zugewinnausgleich in Höhe von 20.000,00 EUR.
Der Gegenstandswert beläuft sich auf 20.000,00 EUR.
Rz. 249
Daneben gelten die übrigen allgemeinen Wertvorschriften. So werden Zinsen und Kosten, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, nicht hinzugerechnet (§ 37 Abs. 1 FamGKG). Soweit Kosten oder Zinsen aus einem bereits erledigten und nicht (mehr) anhängigen Teil der Hauptforderung geltend gemacht werden, sind die Kosten Wert erhöhend zu berücksichtigen.
Beispiel 138: Zinsen aus erledigten Beträgen
Die geschiedene Ehefrau ist von ihrem Ehemann vorgerichtlich mehrfach aufgefordert worden, 40.000,00 EUR Zugewinn zu zahlen. Der Ehemann beauftragt nunmehr einen Anwalt, der außergerichtlich die 40.000,00 EUR nebst Zinsen letztmalig zur Zahlung anmahnt und gerichtliche Schritte androht. Daraufhin zahlt die Ehefrau 15.000,00 EUR auf die Hauptforderung. Wegen des restlichen Betrags in Höhe von 25.000,00 EUR nebst Zinsen stellt der Ehemann durch seinen Anwalt Zahlungsantrag beim FamG. Gleichzeitig verlangt er auch aus den vorgerichtlich gezahlten 15.000,00 EUR Zinsen bis zur Zahlung.
Soweit die Zinsen auf die anhängige Restforderung von 25.000,00 EUR entfallen, sind sie nach § 37 Abs. 1 FamGKG Nebenforderung. Soweit die Zinsen dagegen auf die vorgerichtlich gezahlten 15.000,00 EUR entfallen, sind sie Hauptforderung, da es insoweit an der Abhängigkeit zur anhängigen restlichen Hauptforderung fehlt.
Hätte die Ehefrau keine Tilgungsbestimmung angegeben, dann wäre die Zahlung nach § 367 Abs. 1 BGB zuerst auf die Zinsen zu verrechnen gewesen, so dass dann eine entsprechend höhere Hauptforderung verblieben wäre.
Beispiel 139: Kosten aus erledigten Beträgen
Der Ehemann wird außergerichtlich durch den Anwalt aufgefordert, 12.000,00 EUR Zugewinnausgleich zu zahlen. Er zahlt freiwillig 7.500,00 EUR. Wegen der weiteren 4.500,00 EUR wird bei Gericht ein Zahlungsantrag eingereicht. Der Anwalt rechnet außergerichtlich wie folgt ab:
1. |
1,3-Geschäftsgebühr aus 12.000,00 EUR, Nr. 2300 VV |
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785,20 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
805,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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152,99 EUR |
Gesamt |
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958,19 EUR |
Diesen Betrag macht der Antragsteller als materiell-rechtlichen Schaden mit geltend.
Der Wert des restlichen Zahlungsantrags beläuft sich auf |
4.500,00 EUR. |
Die mit eingeklagten 958,19 EUR Anwaltskosten aus 12.000,00 EUR sind anteilig, soweit aus 7.500,00 EUR entstanden, nach § 37 Abs. 2 FamGKG bei der Wertbemessung zu berücksichtigen. Ausgehend von einer 1,3-Geschäftsgebühr, ist daher folgender Anteil der vorgerichtlichen Kost...