Rz. 11

Das in Art. 15 EGBGB geregelte Güterrechtsstatut stellt in seinem Abs. 1 auf die Verhältnisse bei der Eheschließung ab, maßgeblich ist somit das zu diesem Zeitpunkt zur Anwendung gelangte Ehewirkungsstatut.[40] Unwandelbar bedeutet dabei, dass die güterrechtlichen Beziehungen bei Eingehen der Ehe, während ihres Verlaufes und bei ihrer Auflösung durch ein und dieselbe Rechtsordnung geregelt werden. Veränderungen im Verlauf der Ehe bleiben unbeachtet.[41] Dieser Grundsatz der Unwandelbarkeit findet Ausnahmen:

[40] Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB, Rn. 3; Süß/Ring, Eherecht in Europa, § 3 Rn 108, S. 273, dazu auch Ludwig, FamRB 3/2011.
[41] Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 91, Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn 3.

1. Rechtswahl

 

Rz. 12

Die Rechtswahl kann mittelbar gem. Art. 14 Abs. 2 oder Abs. 3 EGBGB erfolgen, indem die Ehepartner bei oder vor der Eheschließung das Ehewirkungsstatut regeln. Diese Möglichkeit ist in Art. 15 Abs. 1 EGBGB durch die Anknüpfung an das Ehewirkungsstatut gegeben.

Die Rechtswahl kann jedoch auch unmittelbar nach Eheschließung gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB erfolgen. Hier sind die Wahlmöglichkeiten eingegrenzt und verlangen eine Beziehung der Eheleute zu den gewählten Rechtsordnungen:

a) das Recht des Staates, dem einer der Eheleute angehört
b) das Recht des Staates, in dem einer der Eheleute seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
c) das Recht des Lageortes.

Die Rechtswahl kann ausdrücklich als auch konkludent erfolgen, wenn sich aus den Gesamtumständen der eindeutige Wille der Eheleute ergibt. Für die Form bedarf die Rechtswahl im Inland der notariellen Beurkundung, Art. 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB. Im Ausland genügt es, wenn den Formerfordernissen für einen Ehevertrag nach dem gewählten Recht oder dem Recht am Ort der Rechtswahl entsprochen wird.[42] Bei der Beurteilung, ob eine Rechtswahl wirksam zustande gekommen ist, wird auf die Grundsätze des gewählten Rechts zurückgegriffen.[43]

[42] Staudinger/Mankowski (2011), Art. 14 EGBGB Rn 182 ff, Palandt/Thorn, Art. 14 Rn 14,

Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 68, 100.

[43] MüKo-BGB/Siehr (2010), Art. 15 EGBGB Rn 38.

2. Das Güterrechtsstatut von Vertriebenen und Flüchtlingen

 

Rz. 13

Das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen[44] regelt die güterrechtlichen Verhältnisse von deutschen Vertriebenen und Flüchtlingen, nicht von ausländischen.[45] Der Güterstand der deutschen Flüchtlinge wird nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom ausländischen Güterstand in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft des BGB übergeleitet. Die dafür notwendigen Voraussetzungen sind:

a) Ehepartner müssen Vertriebene oder Flüchtlinge i.S.d. BVFG[46] oder vor dem Beitritt der DDR übergesiedelt sein,
b) Gewöhnlicher Aufenthalt beider Ehepartner im Bundesgebiet
c) Keine Erklärung der Ehepartner, dass der bisherige Güterstand weiter gelten soll
d) Nach fremdem Recht müssen die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, nicht im vertraglichen.

Da die Eheleute häufig mit ihrem alten Heimatrecht nichts mehr verbindet, ist eine Überleitung in das Recht der Zugewinngemeinschaft sachdienlicher.

[44] BGBl I S. 1067, vom 4.8.1969.
[45] Auch nicht anwendbar auf sog. Kontingentsflüchtlinge aus den GUS-Staaten, für ausländische Flüchtlinge bleibt es bei der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts; bei Spätaussiedlern (nach dem 31.12.1992) ist die Anwendung des Gesetzes umstritten.
[46] Bundesvertriebenengesetz i.d.F. v. 10.8.2007, BGBl I, S. 1902.

3. Überleitung des Güterrechts bestehender Ehen nach Art. 220 Abs. 3 EGBGB und Art. 236 § 3 EGBGB

a) Art. 220 Abs. 3 EGBGB

 

Rz. 14

Der Art. 220 Abs. 3 EGBGB ist eine Überleitungsnorm[47] für Altehen, die aus der Verfassungswidrigkeit des alten Art. 15 Abs. 1 EGBGB, entstanden ist. Nach dem alten Art. 15 Abs. 1 EGBGB war unwandelbar das Güterrecht des Staates anzuwenden, dessen Staatsangehörigkeit der Mann zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte. Durch die Entscheidung des BVerfG vom 22.2.1983[48] wurde diese Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 2 GG für verfassungswidrig erklärt. Damit konnte der alte Art. 15 Abs. 1 EGBGB für nach dem 31.3.1953 geschlossene Ehe nicht mehr herangezogen werden, gleichzeitig vertrauten jedoch die Ehepaare auf die Geltung der Norm, die zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung galt. In der Überleitungsnorm wird daher differenziert:

[47] Verfassungskonform BVerfG FamRZ 1988, 920.
[48] BVerfGE 63, 181, 191 = NJW 1983, 1968 = FamRZ 1983, 562,

aa) Eheschließungen vor dem 1.4.1953

 

Rz. 15

Für Eheschließungen vor dem 1.4.1953 bestimmt sich das Güterrecht nach dem alten Art. 15 Abs. 1 EGBGB. Anknüpfungspunkt ist das alte Heimatrecht des Ehemannes zum Zeitpunkt der Eheschließung.[49]

[49] Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 108, Süß/Ring, Eherecht in Europa, § 2 Rn 231 S. 183.

bb) Eheschließungen nach dem 8.4.1983

 

Rz. 16

Auf diese Eheschließungen ist der Art. 15 EGBGB in seiner neuen Fassung anzuwenden, das heißt, anzuwenden ist in Anknüpfung an den Art. 14 Abs. 1 EGBGB das Recht zum Zeitpunkt der Eheschließung.[50]

[50] Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 109; Staudinger/Döner (2003) Art. 220 EGBGB Rn 137.

cc) Eheschließungen zwischen dem 1.4.1953 und vor dem 9.4.1983

 

Rz. 17

Für Eheschließungen in diesem Zeitraum wird Art. 220 Abs. 3 S. 1 EGBGB angewandt.[51] Hier liegt eine spezielle Anknüpfungsleiter im Gesetz vor.

[51] Staudinger/Döner...

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