1. Fälle der Textform: Unterrichtung über den Betriebsübergang; Entgeltabrechnung
Rz. 143
§ 126b BGB verlangt, dass die Textform durch Gesetz vorgeschrieben sein muss. Dies ist im Arbeitsrecht bei der Unterrichtung über die Modalitäten des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 5 BGB sowie bei der Entgeltabrechnung nach § 108 Abs. 1 GewO der Fall. Die Textform kann im Übrigen vereinbart werden, wenn nicht zwingendes Gesetzesrecht wie z.B. § 623 BGB, § 14 TzBfG dem entgegensteht. So ist die einfache Textform ausreichend, wenn der Unterrichtungs- und Informationszweck der Erklärung im Vordergrund steht. Wirksame Erklärungen in Textform sind beim Stellen des Urlaubsantrages oder bei dessen Genehmigung bzw. Ablehnung möglich und ausreichend.
2. Insbesondere: Unterrichtung über den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB
Rz. 144
Im Gesetzgebungsverfahren war insbesondere beim Recht des Betriebsübergangs darüber diskutiert worden, ob die Unterrichtung der Arbeitnehmer über die Modalitäten des Betriebsübergangs (Zeitpunkt, Grund, rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs, in Aussicht genommene Maßnahmen i.S.d. § 613a Abs. 5 BGB) in Textform nach § 126b BGB genügt. Die Gesetzesbegründung hat sich schlussendlich ausdrücklich für die Textform entschieden, da die Funktion der Vorschrift in der Information und Dokumentation liegt; Beweis- oder Warnfunktion dagegen stehen nicht im Vordergrund (siehe oben Rdn 31 ff.). Das bedeutet, dass die Unterrichtung der Arbeitnehmer i.S.d. § 613a Abs. 5 BGB insbesondere auch durch E-Mail erfolgen kann, wenn hierbei die Anforderungen des § 126b BGB erfüllt werden. Voraussetzung ist natürlich, dass die betreffenden Arbeitnehmer durch E-Mail erreichbar sind. Die mündliche Mitteilung etwa auf einer Betriebsversammlung wahrt die Form nicht (vgl. oben Rdn 24 ff.). Zugang ist nach § 130 BGB dann gegeben, wenn die E-Mail solchermaßen und zu derjenigen Zeit in den Herrschaftsbereich des E-Mail-Empfängers gerät, dass dieser nach den gewöhnlichen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (siehe oben Rdn 30 f.).
Dagegen erfordert der Widerspruch gegen den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, welcher seitens des Arbeitnehmers gegenüber dem Betriebsveräußerer und gegenüber dem Betriebserwerber erhoben werden kann, die Schriftform i.S.d. § 126 BGB (vgl. oben Rdn 9 ff.).
Rz. 145
Beispiel
Der bisherige Arbeitgeber oder der Betriebserwerber unterrichten die Arbeitnehmer per E-Mail über die Modalitäten des bevorstehenden Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 5 BGB. Wenn dabei die inhaltlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und die formellen Voraussetzungen des § 126b BGB erfüllt sind, insbesondere die Person des Erklärenden und der Abschluss der Erklärung erkennbar gemacht werden, ist die Textform gewahrt und die Unterrichtung ordnungsgemäß erfolgt. Soweit nun aber ein Arbeitnehmer diesem Betriebsübergang seinerseits per Antwort-E-Mail widerspricht, ist das Schriftlichkeitserfordernis des § 126 BGB nicht eingehalten (siehe oben Rdn 9 ff.). Wenn der Arbeitnehmer diesen Fehler nicht erkennt und eine fristwahrende schriftliche Widerspruchserklärung nicht abgibt, geht das Arbeitsverhältnis mangels wirksamen Widerspruchs auf den Betriebserwerber über. Auch eine Treupflichtverletzung des Arbeitgebers liegt regelmäßig nicht vor, da dieser den Arbeitnehmer nicht über den Formverstoß beim Widerspruch unterrichten muss; eine auf der Fürsorgepflicht beruhende Beratungspflicht kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich im Vorfeld über die betreffende Frage beraten hat.