Rz. 70

Es ist bereits erwähnt worden, dass bei einer Generalvollmacht das halbe Aktivvermögen des Vollmachtgebers ohne Schuldenabzug in Betracht kommt (§ 98 Abs. 3 S. 2 GNotKG), wobei der Höchstwert auf 1 Million EUR beschränkt ist. Während eine allein im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten vereinbarte Verwendungsbeschränkung noch nicht zu einem Wertabschlag führt, können Einschränkungen in der Ausübungsbefugnis im Außenverhältnis jedoch unter Umständen zu solchen Abschlägen führen.[30]

 

Rz. 71

Ist beispielsweise die reine Generalvollmacht nur für den Fall gedacht, dass der Vollmachtgeber nicht mehr geschäftsfähig ist, wird die Generalvollmacht also vom Vorsorgecharakter geprägt, so sind hier ebenso Abschläge gerechtfertigt wie beim sog. Rückbehalt der Ausfertigung der Vollmachtsurkunde durch den Vollmachtgeber (vgl. hierzu das Grundmuster I § 6 Variante 2 in § 1 Rdn 8 dieses Werkes). Damit will man dem Umstand Rechnung tragen, dass die Vollmacht auch im Außenverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich mit Aushändigung der Vollmachtsurkunde bzw. mit Eintritt der Geschäftsunfähigkeit, dem Vollmachtnehmer erteilt bzw. ausgehändigt wird. In diesen Fällen wird es für vertretbar gehalten, dass der Notar nach billigem Ermessen anstelle des halben Wertes nur 40 % oder 30 % des Aktivvermögens in Ansatz bringt.[31] Erst anschließend stellt sich die Frage nach dem Höchstbetrag gemäß § 98 Abs. 4 GNotKG, der den Gegenstandswert auf 1 Million EUR deckelt.

 

Rz. 72

 

Beispiel 1

Der Notar beurkundet isoliert eine Generalvollmacht ohne jegliche Beschränkungen im Innenverhältnis und weist den Notar an, die für den Vollmachtnehmer gedachte Ausfertigung unmittelbar an diesen zu versenden bzw. auszuhändigen.

Da hier keinerlei Einschränkungen feststellbar sind, ist beim Gegenstandswert der halbe Vermögenswert (Aktivvermögen 500.000 EUR) ohne Abzug von Schulden in Ansatz zu bringen.

Generalvollmacht ohne jegliche Beschränkungen

Notarkostenberechnung gem. § 19 GNotKG

 
KV 21200 Beurkundungsverfahren § 98 GNotKG Geschäftswert: 250.000 EUR 535,00 EUR
KV 32001 Dokumentenpauschale (s/w) – 5 Seiten – 0,75 EUR
KV 32005 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR
Zwischensumme netto 555,75 EUR
KV 32014 Umsatzsteuer 19 % 105,59 EUR
zu zahlender Betrag 661,34 EUR
 

Rz. 73

 

Beispiel 2

Hier wird die Generalvollmacht im Innenverhältnis dahingehend eingeschränkt, dass eine Verwendung durch den Vollmachtnehmer nur dann erfolgen soll, wenn Gründe für eine Betreuerbestellung vorliegen. Weiterhin bestimmt der Vollmachtgeber, dass die für den Vollmachtnehmer bestimmte Ausfertigung zu seinen Händen (den Händen des Vollmachtgebers) zu versenden ist, und dem Notar wird untersagt, dem Bevollmächtigten ohne Zustimmung des Vollmachtgebers weitere Ausfertigungen zu erteilen.

Hier wäre es gerechtfertigt, Abschläge vorzunehmen und bei dem Gegenstandswert lediglich 40 % des eine halbe Million betragenden Vermögens ohne Schuldenabzug in Ansatz zu bringen, mithin 200.000 EUR.

Generalvollmacht mit Beschränkungen

Notarkostenberechnung gem. § 19 GNotKG

 
KV 21200 Beurkundungsverfahren § 98 Abs. 3 GNotKG Geschäftswert: 200.000 EUR 435,00 EUR
KV 32001 Dokumentenpauschale (s/w) 0,75 EUR
KV 32005 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR
Zwischensumme netto 455,75 EUR
KV 32014 Umsatzsteuer 19 % 86,59 EUR
zu zahlender Betrag 542,34 EUR
 

Rz. 74

Wird in einer Urkunde die Vorsorgevollmacht mit einer Patienten- oder Betreuungsverfügung verbunden, was regelmäßig der Fall ist, wenn nicht gleich eine Generalvollmacht mitbeurkundet wird, so ist § 110 Nr. 3 GNotKG zu beachten, wonach hinsichtlich der Vollmacht und der Patienten- oder Betreuungsverfügung Gegenstandsverschiedenheit besteht. Beides muss also gesondert bewertet werden und die Werte sind dann aufzuaddieren.

 

Rz. 75

Demgegenüber haben Patienten- und Betreuungsverfügungen nach § 109 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GNotKG untereinander denselben Beurkundungsgegenstand. Dies zieht folgende Vorgehensweise nach sich:

Zunächst ist der Gegenstandswert für die reine Vorsorgevollmacht (im Regelfall ist dort die Ausführung der Betreuungs- oder Patientenverfügung betroffen) festzulegen, wobei § 98 Abs. 3 S. 3 GNotKG 5.000 EUR als Auffangwert zur Verfügung stellt, der jedoch nur dann in Ansatz zu bringen ist, wenn keine genügenden Anhaltspunkte für eine Wertermittlung vorhanden sind.

 

Rz. 76

Ist eine konkrete Wertbestimmung wie in § 36 Abs. 2, 3 GNotKG möglich, so können auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollmachtgebers mit einbezogen werden. In welcher Form und in welchem Umfang dies geschieht, wird im GNotKG nicht geregelt, sodass man sich an der Literatur zu orientieren hat. Erste Vorschläge gehen dahin, bei bekannten höheren Vermögens- und Einkommensverhältnissen den Auffangwert moderat und sukzessiv auf bis zum 10-fachen Auffangwert zu erhöhen oder aber direkt an das Vermögen des Vollmachtgebers anzuknüpfen und hierbei einen Teilwert von 10–20 % in Ansatz zu bringen.[32]

 

Rz. 77

Der gesondert zu berec...

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