I. Hinweispflichten
Rz. 12
Offenbar geprägt und geleitet von einem tiefen Misstrauen gegenüber der Anwaltschaft hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren den Katalog anwaltlicher Hinweispflichten immer mehr erweitert und intensiviert. Ein eindrucksvolles Beispiel bietet hierfür der Aufsatz von Jung, in dem über zehn Seiten hinweg die verschiedenen Hinweispflichten und dankenswerterweise auch die Folgen unterlassener Hinweise aufgezeigt werden. Die aufmerksame Lektüre dieses Aufsatzes kann nur anempfohlen werden, zumal nachstehend nur einige herausragende Beispiele aus Platzgründen aufgezeigt werden sollen.
Rz. 13
Die in § 49b Abs. 5 BRAO normierte Hinweispflicht auf Abrechnung nach Gegenstandswert dürfte bei den hier betroffenen Mandaten entfallen, da unter Berücksichtigung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung die Abrechnung nicht nach den gesetzlichen Gebühren, sondern aufgrund einer Gebührenvereinbarung zu erfolgen hat.
Zu beachten sind jedoch die Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) und natürlich die Hinweise nach der im Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO).
Rz. 14
Besondere Vorsicht ist schließlich geboten, wenn ein Mandat außerhalb der eigenen Kanzleiräume – auf welchem Wege auch immer – mit einem Verbraucher im Sinne von § 13 BGB zustande kommt. Hier ist es geboten, dem Mandanten vor Übernahme des Mandats bzw. vor Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit eine – gerichtsfeste – Widerrufsbelehrung zukommen zu lassen, verbunden mit dem notwendigen Hinweis, dass das vereinbarte Honorar auch dann geschuldet wird, wenn auf Wunsch des Mandanten schon innerhalb der noch laufenden Widerrufsfrist die anwaltliche Tätigkeit aufgenommen wird.
Wer also beispielsweise aufgrund der Bettlägerigkeit des Mandanten diesen zum ersten Beratungsgespräch und zur Aufnahme von Informationen für den Vollmachtsentwurf in dessen Wohnung aufsucht, der muss sich die Gefahr vergegenwärtigen, dass er ohne eine entsprechende Widerrufsbelehrung – wie oben dargestellt – seinen Vergütungsanspruch verlieren kann.
Rz. 15
Hinweis
Es sind erste Fälle bekannt, in denen Rechtsanwälte auf Rückzahlung von Honorar in Anspruch genommen werden mit der Begründung, dass sie es an einer Widerrufsbelehrung haben fehlen lassen und man nunmehr nach Beendigung des Mandates vom Widerrufsrecht Gebrauch macht.
II. Verhandlung über die Vergütung
Rz. 16
Zunächst gilt es dem unter Anwältinnen und Anwälten weit verbreiteten Vorurteil entgegenzutreten, es sei unangemessen, ja geradezu peinlich vor Übernahme des Mandates das "Preisgespräch" mit dem Mandanten zu suchen. Da heißt es oftmals, über Geld zu sprechen sei unangenehm und wenn man gute Arbeit leiste, würde man sich irgendwann schon einig werden. Da wird ferner vertreten, es müsse doch jeden Mandanten unangenehm berühren, der mit Preisvorstellungen überfallen werde, bevor man sich mit dem möglicherweise sehr dringenden und sensiblen Anliegen des Auftraggebers beschäftigen wolle.
Rz. 17
Aus jahrzehntelanger Praxis kann hier erklärt werden, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Jeder Mandant möchte möglichst im Voraus wissen, mit welchen Kosten er bei der Bearbeitung seines Mandates zu rechnen habe. Vielen Mandanten ist es aber unangenehm, hierauf von sich aus das Gespräch zu bringen und sie reagieren erfreut, wenn es der Anwalt ist, der von sich aus das durchaus heikle und sensible Thema anspricht. Insoweit ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass seit einigen Jahren dem Befund einer Studie von Hommerich/Kilian entgegengewirkt wird, wonach nur 32 % der Rechtsanwälte das Vergütungsgespräch mit dem Mandanten nicht als unangenehm empfinden.
Auf keinen Fall sollte man sich darauf verlassen, dass man sich über die übliche Vergütung bei Beendigung des Mandates schon werde einigen können.
Rz. 18
Da man eine – sichere – "übliche Vergütung für Rechtsanwälte" jedenfalls derzeit nicht feststellen kann und es auch an Taxen fehlt, besteht de facto ja geradezu ein Zwang zum Abschluss einer Gebührenvereinbarung, und zwar ein vom Gesetzgeber so auch gewollter Zwang. Und der Wille des Gesetzgebers, den Rechtsanwalt zur Gebührenvereinbarung geradezu zu zwingen, wird sicherlich auch dadurch unterstrichen, dass die Gestaltung derartiger Vereinbarungen keinerlei Formalien unterliegt und der Rechtsanwalt auch inhaltlich alles und jedes frei vereinbaren kann. § 3a RVG stellt in Abs. 1 S. 4 klar, dass die Sätze 1 und 2 dieser Vorschrift für Gebührenvereinbarungen nach § 34 RVG gerade nicht gelten. Soweit § 3a Abs. 1 S. 3 RVG namentlich nicht aufgeführt ist, ist dies keineswegs ein redaktionelles Versehen und entgegen der Auffassung von Fölsch muss die Hinweiserteilung von § 3a Abs. 1 S. 3 RVG bei einer Gebührenvereinbarung des § 34 RVG auch keineswegs deshalb erfolgen, ...