Prof. Dr. Thomas Reich, Prof. Dr. Ulrich Voß
Rz. 94
Statt einer Vermächtniseinsetzung könnte allerdings auch geprüft werden, ob eine sog. Nachlassspaltung (etwa durch Rechtswahl) erreicht werden kann. Dann könnte jeder Erbe als Alleinerbe eines Nachlassteils eingesetzt werden. Erbschaftsteuerlich wäre dies anzuerkennen. Jedenfalls unter der Geltung des (früheren) Art. 25 EGBGB bot die Möglichkeit der Rechtswahl Gestaltungspotenzial über eine dadurch mögliche Nachlassspaltung. Hat ein Deutscher (oder ein in Deutschland lebender Ausländer) beispielsweise in einer Verfügung von Todes wegen, also beispielsweise in einem handschriftlichen Testament, vor dem 17.8.2015 allein für ein in Deutschland belegenes Grundstück eine damals nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. zulässige Rechtswahl wirksam getroffen, bliebe die Rechtswahl für das deutsche Grundstück wohl auch nach Geltung der EuErbVO aufgrund der Übergangsbestimmungen (hier Art. 83 Abs. 2 EuErbVO) wirksam mit der Folge, dass nunmehr für das sonstige Vermögen – nach dem maßgeblichen Recht des gewöhnlichen Aufenthalts (Art. 21 Abs. 1 EuErbVO) – abweichend testiert werden könnte und dadurch auch heute noch bei seinem Tod eine Nachlassspaltung eintreten würde. Der sicherere Weg dürfte in einem solchen Fall aber der der Erbeinsetzung des in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Erben mit Vermächtnisaussetzung sein; vgl. dazu das Beispiel in Rdn 92.
Rz. 95
Nach der EuErbVO sollen Nachlassspaltungen soweit wie möglich vermieden werden. Daher ist für nach dem 17.8.2015 errichtete letztwillige Verfügungen eine Rechtswahl für einzelne Nachlassgegenstände – anders als früher nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. – nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO nicht mehr möglich. Die Verweisung aufgrund einer Rechtswahl nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO auf ein (ausländisches) Erbstatut eines Drittstaates hat immer nur die Wirkung einer Sachnormverweisung (Art. 34 Abs. 2 EuErbVO), so dass nicht auf dessen IPR verwiesen wird, sondern unmittelbar dessen materielles Erbrecht anwendbar ist.
Rz. 96
Fälle der Nachlassspaltung sind aber auch unter Maßgabe der EuErbVO möglich, wenn gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO ein Drittrecht das einschlägige Erbstatut ist, weil der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem solchen Drittstaat hat, die Verweisung auf das Drittrecht eine Gesamtverweisung nach Art. 34 Abs. 1 EuErbVO ist, was im Einzelfall zu prüfen ist, und wenn nach dessen IPR eine Nachlassspaltung eintritt. Zur Nachlassspaltung aufgrund bilateraler Abkommen vgl. § 1 Rdn 44 f.