Rz. 166

Bei der Nachfolgeplanung sollten – falls dies mit den Plänen des Erblassers (und der Bedachten) vereinbar ist – die unterschiedlichen Anknüpfungsmerkmale der Besteuerung berücksichtigt werden. So mag es im Einzelfall beispielsweise sinnvoll sein, rechtzeitig den deutschen Wohnsitz aufzugeben und in ein Land zu ziehen, wo es keine Erbschaftsteuer gibt. In diesem Fall ist allerdings zu prüfen, ob es möglicherweise zu einer Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG kommt, soweit der Wegziehende zu mindestens 1 % an einer inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Eine derartige Gestaltung kommt im Übrigen nur dann in Betracht, wenn der Erblasser und der/die Bedachte(n) dazu tatsächlich bereit sind, Deutschland endgültig zu verlassen. Sinnvoll ist eine solche Gestaltung im Übrigen nur dann, wenn das Vermögen nicht im Wesentlichen Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG darstellt, welches immer in Deutschland steuerpflichtig bleibt.

 

Rz. 167

Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass es bei der Nachfolgeplanung unbedingt erforderlich ist, alle Anknüpfungsmerkmale für die Besteuerung, die Bewertung und die Freibeträge zu beachten. Eine isolierte Betrachtung der nationalen Erbrechts- und Erbschaftsteuerrechtsvorschriften ist für eine Nachfolgeplanung nie ausreichend. Es müssen alle Rahmenbedingungen in den beteiligten Ländern untersucht werden. Hierbei sollte wie folgt vorgegangen werden:

 

Rz. 168

Prüfungsreihenfolge: Nachfolgeplanung

1.

Feststellung der persönlichen Anknüpfungsmerkmale (unbeschränkte Steuerpflicht) im In- und Ausland für die Besteuerung, bezogen auf

a) Erblasser
b) Erben/Vermächtnisnehmer/Begünstigte
2.

Feststellung der sachlichen Anknüpfungsmerkmale (beschränkte Steuerpflicht) für im Ausland belegene Vermögensgegenstände, die neben der unbeschränkten Steuerpflicht im Wohnsitzstaat der Besteuerung im Belegenheitsland unterliegen.

a) Qualifikation des jeweiligen Vermögensgegenstands (Kapitalgesellschaften mit überwiegend in einem Land belegenem Grundbesitz könnten beispielsweise als transparent behandelt werden, so dass nicht auf die Gesellschaftsbeteiligung, sondern auf den Grundbesitz abzustellen ist (so z.B. Frankreich).
b) Prüfung, ob es sich um steuerpflichtiges Inlandsvermögen im "Belegenheitsland" handelt
3. Bewertung des Vermögens in den einzelnen beteiligten Ländern und Prüfung der Abziehbarkeit von Schulden
4. Feststellung der Freibeträge und Steuersätze in den einzelnen beteiligten Ländern
5. Feststellung der Steuerbelastung in den einzelnen beteiligten Ländern (ohne Berücksichtigung von Möglichkeiten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung)
6.

Prüfung, welche Möglichkeiten der Vermeidung der Doppelbesteuerung es gibt:

a) Doppelbesteuerungsabkommen mit Anrechnung oder Freistellung
b) Anrechnungsmöglichkeit der in einem anderen Land gezahlten Steuer; "Auslandsvermögensbegriff" i.S.d. § 21 Abs. 2 ErbStG in Deutschland beachten;
7.

Gestaltungsüberlegungen

a) Bei unbeschränkter Steuerpflicht in mehreren Ländern: Prüfung, in welchem Umfang in einem anderen Land gezahlte Steuern angerechnet werden können; möglicherweise kommt es zu einer Doppelbesteuerung, weil bei Besteuerungskonkurrenz mehrerer Länder im Rahmen der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht ein Vorrang für ein Besteuerungsrecht nur über ein DBA anerkannt wird. Es sollte daher nach Möglichkeiten gesucht werden, ob und inwieweit sich eine unbeschränkte Steuerpflicht in mehreren Ländern vermeiden lässt, falls es zur Doppelbesteuerung kommt.
b) Bei beschränkter Steuerpflicht in einem Land und unbeschränkter Steuerpflicht in einem anderen Land: Prüfung, ob es sinnvoll ist, eine Steuerpflicht im Belegenheitsland zu vermeiden. Eine Besteuerung im Belegenheitsland sollte zumindest dann vermieden werden, wenn die dort erhobene Steuer höher als die im Land der unbeschränkten Steuerpflicht ist. Nur wenn die im Belegenheitsland gezahlte Steuer in voller Höhe auf die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht zu zahlende Steuer angerechnet werden kann, müssen regelmäßig keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden. Ist eine Anrechnung nicht möglich, ist zu prüfen, inwieweit Anknüpfungsmerkmale im Belegenheitsland (z.B. durch Einbringung von Vermögen in eine Auslandskapitalgesellschaft) vermieden werden können. Häufig könnte auch ein Verkauf des beschränkt steuerpflichtigen Vermögens an den potenziellen Erben sinnvoll sein. Erbt dieser nämlich den gezahlten Kaufpreis, dürfte eine Besteuerung des Bankguthabens regelmäßig nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen (zumindest dann nicht, wenn das Bankkonto in dem Staat unterhalten wird, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht besteht).
8.

Berücksichtigung des internationalen Privatrechts

Im Rahmen des internationalen Privatrechts spielt neben der Abklärung der möglichen rechtlichen Besonderheiten der in Betracht kommenden ausländischen Erbrechtsordnungen insbesondere (ebenfalls) die der persönlichen Verhältnisse eine herausragende Rolle. Die persönlichen Verhältnisse sind bereits für die Anknüpfungsmerkmale ...

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