Rz. 12
Das UN-Kaufrecht gilt gem. Art. 1 Abs. 1 CISG ausschließlich für Kaufverträge über Waren. Bestimmte Gegenstände werden in Art. 2 und Art. 3 vorgenommen.
Rz. 13
In Anlehnung an Art. 30 und Art. 53 CISG ist ein Kaufvertrag typischerweise durch folgende Pflichten der Vertragsparteien charakterisiert:
▪ |
der Verkäufer hat die Ware zu liefern und dem Käufer das Eigentum an der Ware zu übertragen, |
▪ |
der Käufer ist verpflichtet, die Lieferung anzunehmen und den Kaufpreis zu bezahlen. |
Daraus lässt sich ableiten, dass alle auch im deutschen Recht bekannten Gestaltungsmöglichkeiten in der Form des Kaufvertrages von dem Begriff "Kaufvertrag" i.S.d. UN-Kaufrechts umfasst werden. Dazu zählen insb. der Versendungskauf, der Sukzessivlieferungsvertrag, der Spezifikationskauf, der Kauf auf Probe, der Kauf nach Muster, das Streckengeschäft sowie die Vereinbarung von Vorkaufsrechten, Rückkaufsrechten und Wiederkaufoptionen.
Rz. 14
Andere Vertragstypen wie bspw. Tauschverträge, Kompensationsgeschäfte und Mietverträge sind dagegen grds. nicht als Kaufverträge i.S.d. UN-Kaufrechts einzustufen. Die Hauptleistungspflichten dieser Vertragstypen stimmen nicht mit den in Art. 30 und Art. 53 CISG normierten Pflichten überein. Kompensationsgeschäfte können ausnahmsweise dann erfasst sein, wenn aufgrund der Auslegung der Vertragsvereinbarung davon auszugehen ist, dass nicht ein einheitliches Kompensationsgeschäft, sondern tatsächlich mehrere wechselseitige Kaufverträge geschlossen worden sind. Ein Mietkauf kann dann in den Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts fallen, wenn eine Auslegung im konkreten Einzelfall ergibt, dass nicht das Interesse der Parteien an einer Überlassung des Gebrauches im Vordergrund steht, sondern der Schwerpunkt vielmehr auf der endgültigen Überlassung der Sache liegt.
Rz. 15
Keine Anwendung findet das Abkommen ferner auf Vertriebsverträge, Vertragshändlerverträge und Agenturverträge, weil diese lediglich Rahmenvereinbarungen sind, die noch keine konkreten Lieferverpflichtungen begründen. Verträge, die Rahmenverträge konkretisieren, können wiederum unter das Übereinkommen fallen. Teilweise wird in der Rspr. angenommen, dass kaufrechtliche Rahmenverträge unter bestimmten Voraussetzungen darunter fallen. Überwiegend wird aber vertreten, dass Rahmenverträge mangels konkreter Liefer- und Zahlungsverpflichtungen nicht einbezogen sind.
Rz. 16
Ausdrücklich ausgenommen sind auch Käufe über Waren zum persönlichen Gebrauch (Art. 2 Buchst. a) CISG, z.B. Anschaffung eines gebrauchten Traktors zum persönlichen Gebrauch). Der Verkäufer muss diese Verwendung für den persönlichen Gebrauch aber erkennen können. Nicht erfasst werden Verkäufe mittels Versteigerung (Art. 2 Buchst. b CISG). Auch Schiffskäufe sind ausgenommen (Art. 2 Buchst. e CISG).
Rz. 17
Weitere Voraussetzung für die Anwendung des UN-Kaufrechts ist, dass Gegenstand des Kaufvertrages Waren sind. Unter Waren sind dabei körperliche Sachen zu verstehen, die zum Zeitpunkt der Lieferung beweglich sind, wobei auch Sachgesamtheiten erfasst werden. Die Sachen brauchen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht zu existieren und können zu diesem Zeitpunkt auch noch "unbeweglich", also fest mit dem Boden (z.B. Ernte) oder mit einer Immobilie verbunden sein, wenn sie zur Lieferung ausgebaut oder getrennt werden. Die Trennung kann auch durch den Käufer selbst erfolgen. Daraus ergibt sich, dass Verträge, die die Übertragung von Rechten oder Immobilien zum Gegenstand haben, nicht unter das UN-Kaufrecht fallen. Gleiches gilt für Unternehmenskäufe, weil auch dabei i.d.R. Immobilien sowie immaterielle Werte Vertragsgegenstand sind.
Rz. 18
Wissenschaftlich-technische Ergebnisse (Konstruktionsunterlagen, Forschungsprojekte) sind dann Waren i.S.d. UN-Kaufrechts, wenn sie schriftlich auf Datenträgern (CD-ROM, DVD etc.) fixiert sind. Wenn jedoch erst im Auftrag des Käufers Ergebnisse zusammengetragen und ein Gutachten erstellt werden, so scheitert die Anwendung des UN-Kaufrechts aufgrund Art. 3 Abs. 2 CISG, weil die Arbeitsleistung wesentlich überwiegt. Diese Differenzierung gilt auch für das Know-how, sofern es endgültig und nicht zur vorübergehenden Nutzung übertragen wurde.
Rz. 19
Computerprogramme (Software) werden dann als Ware i.S.d. UN-Kaufrechts eingestuft, wenn sie mittels eines Datenträgers nutzbar und durch diesen verkörpert sind. Aber auch in Fällen, in denen die Software nicht auf Datenträgern, sondern z.B. über das Internet verkauft und vom Käufer heruntergeladen oder durch Verkabelung zwei Computer auf den Rechner des Käufers überspielt wird, hat dies keine Auswirkungen auf die Einordnung als Ware. Dies ergibt sich daraus, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung ein identischer Vertragsgegenstand vorliegt. Die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts entfällt allerdings bei Individualsoftware, also bei eigens für den Käufer hergestellten Computerprogrammen, wegen der Regelung des Art. 3 Abs. 2 CISG. Im Ergebnis bedeutet dies, dass das UN-Kaufrecht regelmäßig nur ...