a) (Nach-)Erfüllungsanspruch
Rz. 107
Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch des Käufers ergibt sich unmittelbar aus Art. 46 Abs. 1 CISG. Abs. 2 und 3 der Vorschrift befassen sich mit dem Nacherfüllungsanspruch bei Lieferung vertragswidriger Ware. Dem Käufer stehen Ansprüche auf Ersatzlieferung oder auf Nachbesserung zu; beide unterliegen bestimmten Fristen. Insoweit bestehen Parallelen zu § 439 BGB. Für die Frage, welche Art der Nacherfüllung verlangt werden kann, stellt das UN-Kaufrecht im Gegensatz zu § 439 Abs. 3 BGB aber nicht primär auf Zumutbarkeitsgesichtspunkte ab, sondern differenziert danach, ob eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt oder nicht. Nur bei einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG besteht ein Anspruch auf Ersatzlieferung.
Rz. 108
Ob eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt (dieser Begriff ist auch für andere Rechtsbehelfe von Bedeutung), bestimmt sich nach Art. 25 CISG. Eine wesentliche Vertragsverletzung ist demnach nur gegeben, wenn die Erwartungen der vertragstreuen Partei derart enttäuscht werden, dass für sie kein Interesse an der Durchführung des Vertrages mehr besteht. Dieses Kriterium entspricht in etwa der Schwelle, die mittlerweile in §§ 323 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, Abs. 5 Satz 1, 324, 314 Abs. 1 BGB zugrunde gelegt wird. Selbst wenn unter Anwendung dieser Kriterien ein die Gläubigerinteressen wesentlich beeinträchtigender Vertragsbruch festgestellt wird, ist dann nicht von einer wesentlichen Vertragsverletzung auszugehen, wenn die vertragsbrüchige Partei diese Folge weder vorausgesehen hat noch voraussehen musste. Maßgeblicher Zeitpunkt ist hierbei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Auch wenn eine Vertragswidrigkeit nicht beseitigt werden kann, liegt eine wesentliche Störung nicht vor, wenn die Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand und unter für den Käufer zumutbaren Bedingungen anderweitig verwertet werden kann.
Rz. 109
Der Nachbesserungsanspruch ist hingegen auch bei nicht wesentlichen Vertragsverletzungen gem. Art. 46 Abs. 3 CISG gegeben; allerdings bedarf es dann der Prüfung, ob die Nachbesserung dem Verkäufer zumutbar ist.
b) Vertragsaufhebung
Rz. 110
Gem. Art. 49 CISG steht dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur Vertragsaufhebung zu. Dieser Rechtsbehelf entspricht in seiner Funktion dem Rücktritt des deutschen BGB/HGB. Wie eingangs bereits erwähnt, ist die Vertragsaufhebung die ultima ratio des UN-Kaufrechts. Grds. hat sie gem. Art. 49 Abs. 1 Buchst. a) CISG zur Voraussetzung, dass der Verkäufer eine wesentliche Vertragsverletzung (vgl. dazu oben Rdn 108) begangen hat. Sofern es sich um eine Nichtlieferung handelt, kann gem. Art. 49 Abs. 1 Buchst. b) CISG der Käufer eine Nachfrist gem. Art. 47 CISG setzen und nach deren erfolglosen Ablauf den Vertrag aufheben. Die Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 2 CISG gilt für diejenigen Fälle, in denen der Verkäufer zu irgendeinem Zeitpunkt geliefert hat. In diesem Fall sind bestimmte Fristenregelungen zu beachten.
c) Minderung des Kaufpreises
Rz. 111
Gem. Art. 50 CISG ist der Käufer berechtigt, bei einer Lieferung vertragswidriger Ware durch den Verkäufer den Kaufpreis zu mindern. Eine bereits erfolgte Zahlung des Kaufpreises ist nicht erforderlich. Das Minderungsrecht steht jedoch gem. Art. 50 Satz 2 CISG unter dem Vorbehalt eines vorrangigen Nacherfüllungsrechts. Weigert sich der Käufer unberechtigterweise eine Mängelbeseitigung nach Art. 37 oder Art. 48 CISG oder eine vollständige Mängelbehebung anzunehmen, so scheidet eine Minderung aus. Hat der Käufer die Minderung sofort erklärt, ohne dem Verkäufer die Möglichkeit zu geben, innerhalb eines zumutbaren Zeitraums die Nacherfüllung nach Art. 48 CISG anzubieten, so steht die Erklärung der Minderung unter der auflösenden Bedingung der Nacherfüllung.
Hinweis
Das Recht auf Herabsetzung des Kaufpreises ist an keine Fristen gebunden.
d) Schadensersatzansprüche
aa) Voraussetzungen
Rz. 112
Schadensersatzansprüche des Käufers gem. Art. 45 Abs. 1 Buchst. b) CISG setzen voraus, dass der Verkäufer eine seiner Pflichten, die sich aus dem Vertrag oder unmittelbar aus dem UN-Kaufrecht ergeben, verletzt hat.
Rz. 113
Auch der Schadensersatzanspruch setzt im Gegensatz zum deutschen Recht kein Verschulden voraus, unterliegt aber bestimmten Ausschlussgründen, insb. denen des Art. 79 und Art. 80 CISG. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 2 CISG, besondere Fristen sind nach dem UN-Kaufrecht hingegen nicht zu beachten.
bb) Umfang und Berechnung des Anspruchs
Rz. 114
Liegen die Voraussetzungen des Anspruchs vor, so bestimmen sich Art und Umfang des Schadensersatzes nach Art. 74 bis 77 CISG. Aus den Art. 75 und Art. 76 CISG ergibt sich, dass die Berechnung des Schadens – ähnlich wie im deutschen Recht – durch eine Differenzrechnung erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Schadens ist im Prozess der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung. Wic...