1. Überblick
Rz. 128
Art. 61 CISG ist die Grundnorm für die Rechtsbehelfe des Verkäufers. Inhaltlich und strukturell ähnelt die Vorschrift der Parallelvorschrift des Art. 45. Art. 61 Abs. 1 CISG enthält einen Überblick über die dem Verkäufer bei Vertragsverletzung des Käufers zustehenden Rechtsbehelfe. Art. 62 bis 65 CISG sind Grundlage für die entsprechenden Rechtsbehelfe des Verkäufers. Art. 62 CISG regelt Erfüllungsansprüche (vgl. unten Rdn 131), Art. 63 CISG berechtigt den Verkäufer dem Käufer eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung seiner Pflichten zu setzen (vgl. unten Rdn 131), Art. 64 CISG befasst sich mit der Vertragsaufhebung (vgl. unten Rdn 132) und Art. 65 CISG enthält besondere Vorschriften für den Spezifikationskauf.
Rz. 129
Die in den Art. 62 bis 65 CISG enthaltenen Rechtsbehelfe können grds. nicht nebeneinander, sondern allenfalls nacheinander ausgeübt werden, sofern dies nicht aufgrund der Rechtsnatur des früher ausgeübten Rechtsbehelfs unmöglich ist. Art. 61 Abs. 1 Buchst. b) CISG ist Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche des Verkäufers. Die Art. 74 ff. CISG regeln nur die Berechnung des Schadens sowie dessen Umfang. Art. 61 Abs. 2 CISG bestimmt, dass der Verkäufer Schadensersatzansprüche mit den in Buchst. a) genannten Rechtsbehelfen ohne Weiteres kombinieren kann. So können bspw. Erfüllung und Schadensersatz oder Vertragsaufhebung und Schadensersatz geltend gemacht werden. Allerdings darf dies nicht zu einer Überkompensation des Verkäufers führen, der Schadensersatz erstreckt sich in diesen Fällen nur auf diejenigen Einbußen, die durch den primären Rechtsbehelf noch nicht ausgeglichen sind. Dies dürften i.d.R. bereits eingetretene Begleit- oder Verspätungsschäden sein.
Rz. 130
Das Rechtsbehelfssystem der Art. 61 ff. CISG ist genau wie das der Art. 45 ff. CISG an einen einheitlichen Vertragsverletzungstatbestand angeknüpft. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden. Auch die Rechtsbehelfe des Verkäufers sind verschuldensunabhängig ausgestaltet.
Rz. 131
Die in Art. 61 ff. CISG vorgesehenen Rechtsbehelfe entstehen, ohne dass der Verkäufer mahnen oder eine Nachfrist setzen bzw. sonstige Maßnahmen ergreifen muss. Sie beruhen ausschließlich auf dem Umstand, dass der Käufer nicht wie vorgesehen zahlt oder eine andere ihm obliegende Verpflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt.
2. Einzelne Rechtsbehelfe
a) Erfüllungsverlangen
Rz. 132
Hat der Käufer bis zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt, so kann der Verkäufer gem. Art. 62 CISG weiterhin auf der Zahlung des Kaufpreises bestehen. Art. 63 CISG sieht darüber hinaus vor, dass der Verkäufer dem Käufer auch eine Nachfrist zur Zahlung des Kaufpreises setzen kann. Allerdings ist dies nicht erforderlich, um überhaupt den Zahlungsanspruch weiter zu verfolgen. Bei ausstehender Kaufpreiszahlung bringt die Nachfristsetzung dem Verkäufer daher keine rechtlichen Vorteile. Die Nachfristsetzung ist nur dann von Bedeutung, wenn der Verkäufer die Nichtzahlung zum Anlass nehmen möchte, um den Kaufvertrag aufzuheben.
Rz. 133
Die nicht ordnungsgemäße Zahlung als solche führt i.d.R. noch nicht zu einer wesentlichen Vertragsverletzung i.S.d. Art. 64 Abs. 1 Buchst. a) CISG. Jedoch kann der Verkäufer den Vertrag aufheben, wenn eine von dem Verkäufer verfügte angemessene Nachfrist fruchtlos verstrichen ist (Art. 64 Abs. 1 Buchst. b) CISG). Hierbei gelten 7 Tage nach Zahlungsaufforderung als angemessen (i.E. hierzu unten Rdn 134).
b) Vertragsaufhebung
Rz. 134
Auch für den Fall, dass der Käufer die ihm obliegenden Pflichten verletzt, steht dem Vertragspartner ein auf diese Umstände gestützter Anspruch auf Aufhebung des Vertrages zu. Insoweit ist allerdings ebenfalls festzustellen, dass die Vertragsaufhebung als ultima ratio gedacht ist.
Zahlt der Käufer den Kaufpreis nicht vertragsgemäß, so sieht das UN-Kaufrecht folgende Möglichkeiten der Vertragsaufhebung vor:
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Der Verkäufer kann zum einen die Aufhebung des Vertrages erklären, wenn es sich bei der Nichtzahlung des Kaufpreises um eine wesentliche Vertragsverletzung handelt. Jedoch lassen sich deren Voraussetzungen anhand der bereits erwähnten Kriterien in der Praxis nur sehr schwer beurteilen. Letztlich kann der Verkäufer erst nach einem Richterspruch Gewissheit haben, dass er den Behelf zu Recht ausgeübt hat. Die nicht rechtzeitige Zahlung des Kaufpreises ist jedoch in keinem Fall eine wesentliche Pflichtverletzung. |
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Von größerer praktischer Bedeutung ist daher die Möglichkeit des Verkäufers, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, wenn eine dem Käufer gesetzte Nachfrist fruchtlos verstrichen ist oder der Käufer erklärt hat, seine Verpflichtung auch innerhalb dieser Pflicht nicht zu erfüllen, |
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Der Verkäufer kann die Aufhebung des Vertrages auch dann erklären, wenn bereits vor dem Fälligkeitszeitpunkt offensichtlich ist, dass der Käufer die vertraglichen Verpflichtungen nicht einhalten wird. Voraussetzung gem. Art. 72 Abs. 1 CISG ist, dass die Nichterfüllung eine wesentliche Vertragsverletzung... |