Rz. 218
Eine Verwaltungstestamentsvollstreckung an der Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters ist nach der heutigen, vom BGH geprägten Praxis, nur an dessen "Außenseite" möglich. In den Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers fallen jedenfalls nicht die gesellschaftsinternen Maßnahmen der Geschäftsführung, mit denen der Gewinn der Gesellschaft erwirtschaftet werden soll und an die die persönliche Haftung jedes Gesellschafters geknüpft ist. Diese gesellschaftsrechtlich unbeschränkte und unbeschränkbare persönliche Haftung (§ 128 HGB) steht – ebenso wie beim einzelkaufmännischen Unternehmen (siehe Rdn 209 ff.) – einer Testamentsvollstreckung entgegen, da der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nur den Nachlass verpflichten kann (§ 2206 BGB). Für den minderjährigen Gesellschafter werden dessen Eltern als gesetzliche Vertreter im Innenverhältnis tätig. Dies entspricht vielfach nicht dem Wunsch des Erblassers; es muss dann – ebenso wie bei einem einzelkaufmännischen Handelsgeschäft – auf Ersatzlösungen ausgewichen werden: die Vollmachtlösung oder die Treuhandlösung (siehe Rdn 215 und 216).
Rz. 219
Ebenso wie beim Handelsgeschäft greift nun bei einem minderjährigen Erben die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bei Erreichen der Volljährigkeit gemäß § 1629a BGB ein: Wäre der Minderjährige Erbe, ohne durch eine Testamentsvollstreckung beschränkt zu sein, so würde er zwar einerseits im vollen Umfang persönlich haften, könnte aber andererseits nach § 1629a BGB diese Haftung zum Nachteil der Gläubiger bei Eintritt in die Volljährigkeit beschränken. Dann aber – so meint eine neuere Lehre – könne auch ein Testamentsvollstrecker nicht nur als Bevollmächtigter (Vollmachtlösung) für ihn handeln, sondern der Testamentsvollstrecker könne auch als Amtsinhaber die "Innenseite" eines ererbten Gesellschaftsanteils verwalten. Die Testamentsvollstreckung würde dann bei Erreichen der Volljährigkeit von alleine (als dann unzulässig) hinsichtlich der "Innenseite" der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung enden; sie sei von diesem Zeitpunkt an als Ganzes auf der Grundlage der Vollmachtlösung oder der Treuhandlösung – nach Wahl des Testamentsvollstreckers – fortzuführen; auch könne man davon ausgehen, dass der Testamentsvollstrecker eine Umwandlung in eine GmbH (mit-)betreiben kann.
Beispiel
Der Vierjährige erbt neben ziemlich wertlosen anderen Gegenständen vom Großvater die 20 %ige Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter einer OHG. Später macht der Minderjährige noch einen namhaften Lottogewinn und beerbt schließlich noch seinen Onkel; aus dessen Nachlass erhält er nach der Erbteilung nur Wertpapiere. Unterstellt sei die Zulässigkeit einer angeordneten Verwaltungsvollstreckung am großväterlichen Erbe bis zur Volljährigkeit des Erben. Es sei unterstellt, die OHG wäre zu diesem Zeitpunkt insolvenzreif.
Rz. 220
Wenn man nun der Lehre folgt, nach der durch § 1629a BGB (Minderjährigenhaftungsbeschränkung) eine Verwaltungsvollstreckung am Anteil eines minderjährigen persönlich haftenden Gesellschafter-Erben hinsichtlich der Innenseite und der Außenseite möglich sei, so hätte der Testamentsvollstrecker im Hinblick auf § 2206 BGB durch seine Tätigkeit in der Gesellschaft nur Nachlassschulden (mit-) begründet. Für die anderen Gesellschafter träfe dies nicht zu: Sie würden mit ihrem jeweiligen gesamten Vermögen haften. Der volljährig gewordene Erbe würde nun durch ein Nachlassinsolvenzverfahren seine Haftung auf den Nachlass beschränken. Die vom Onkel erworbene Erbschaft und der Lottogewinn würden dem volljährig Gewordenen verbleiben, weil die Nachlassgläubiger darauf keinen Zugriff haben. Den Mitgesellschaftern stünde keine Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung, sie würden mit ihrem gesamten Vermögen haften. Ein Rückgriff auf den Minderjährigen wäre ihnen vollumfänglich verwehrt. Es ist also eine Testamentsvollstreckung an der Innenseite einer Beteiligung an einer OHG oder BGB-Gesellschaft nicht möglich.
Rz. 221
Erstreckt sich die Testamentsvollstreckung entsprechend der Ansicht des BGH nur auf die Außenseite der Gesellschaftsbeteilgung, dann bedeutet dies, dass der Minderjährige über die Beteiligung als ganzer nicht verfügen kann, weil insoweit sich die Macht des Testamentsvollstreckers erstreckt. Die Verbindlichkeiten, die die Gesellschaft begründet, wirken durchaus nach außen, aber auf diese hat der Testamentsvollstrecker keinen Einfluss, denn diese sind nur Ausfluss des Geschäftsgebarens im Inneren. Dementsprechend haften auch die Gesellschafter für diese Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen. Es sind keine Nachlassverbindlichkeiten. Der Minderjährige muss bei seinem Eintritt in die Volljährigkeit gemäß § 1629a Abs. 4 BGB sein Kündigungsrecht nutzen, will er nur mit dem gesamten Vermögen haften, was er bei seinem Übertritt in die Volljährigkeit besitzt (§ 1629a Abs. 1 BGB). Es erscheint auch im Hinblick auf § 1629a BGB als zulässig, eine Test...