I. Anwaltliche Tätigkeit
Rz. 64
I.d.R. übt der RA eine sog. anwaltliche Tätigkeit aus. Aber es ist eine Vielzahl von Fällen denkbar, in denen der RA nicht anwaltlich tätig ist. Bereits § 1 RVG gibt vor, wie zu verfahren ist, wenn der RA keine sog. anwaltliche Tätigkeit ausübt. § 1 Abs. 2 RVG bestimmt, wie zu verfahren ist, wenn der RA bspw. als Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker u.v.a.m. tätig ist. Die Vergütung für diese Art von Tätigkeiten richtet sich dann regelmäßig nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Oft gehen spezielle gesetzliche Regelungen dem RVG vor.
Rz. 65
Ich beschäftige mich ausschließlich mit dem Vergütungsanspruch, den das RVG vorsieht. Für alle weiteren Anwendungsfälle müssen Sie auf die diesbezügliche Fachliteratur zurückgreifen.
II. Begriff der Vergütung
Rz. 66
§ 1 Abs. 1 RVG definiert die Bestandteile der Vergütung. Die Vergütung besteht aus Gebühren und Auslagen. Welche Gebühren der RA erhält, ergibt sich i.d.R. aus dem sog. Vergütungsverzeichnis. Gleiches gilt für die Auslagen. Diese werden in Teil 7 des Vergütungsverzeichnisses aufgeführt.
III. Vergütungsschuldner
Rz. 67
Das Schöne an unserem Beruf ist, dass fast jeder Satz begonnen werden kann mit: "Grds. gilt …, aber wenn ein bestimmter Fall gegeben ist, dann gilt etwas anderes." Wir haben in fast jedem Gebiet den sog. Regelfall und dann die Ausnahmen. So ist es auch im Hinblick auf den Vergütungsschuldner: Grds. schuldet der Auftraggeber die anwaltliche Vergütung. Derjenige, der den RA beauftragt, muss dessen Vergütung zahlen. Von diesem Grundsatz gibt es eine Reihe von Ausnahmen:
1. Staatskasse
a) Beratungshilfe
Rz. 68
Ist dem Auftraggeber Beratungshilfe gewährt, schuldet der Staat die Vergütung. Der Auftraggeber selbst erhält keine Vergütungsberechnung. Der RA reicht sein Erstattungsgesuch bei der Staatskasse ein und erhält von dort die bei gewährter Beratungshilfe vorgesehene gesetzliche Vergütung.
Rz. 69
Der Auftraggeber allerdings schuldet dem RA einen Festbetrag (sog. Schutzgebühr) i.H.v. 15,00 EUR pro Beratungshilfeangelegenheit, dazu mehr unter Rdn 150.
b) PKH
Rz. 70
Ist dem Auftraggeber PKH (ganz, z.T. oder in Raten) bewilligt, schuldet ebenfalls die Staatskasse die Vergütung. Der Auftraggeber ist nicht Vergütungsschuldner. Dies gilt aber nur für den Teil der Vergütung, der von der Bewilligung von PKH umfasst ist. Ist z.B. nur z.T. PKH bewilligt, ist die Staatskasse auch nur für den bewilligten Teil Vergütungsschuldner. Für die Teile der Vergütung, für die PKH nicht bewilligt worden ist, bleibt der Auftraggeber der Vergütungsschuldner. Einzelne Berechnungsbeispiele, welchen Teil der Auftraggeber bei der nur teilweisen Bewilligung von PKH zu zahlen hat, sind unter Rdn 709 dargestellt.
Rz. 71
Sie dürfen bei bewilligter PKH nicht übersehen, dass sich die Bewilligung immer nur auf den Vergütungsanspruch des beigeordneten RA bezieht. Die Staatskasse tritt gegenüber dem eigenen RA an die Stelle des Vergütungsschuldners. Unterliegt der Auftraggeber im gerichtlichen Verfahren, so ist er nicht von der Zahlung der Vergütung befreit, die der RA von der sog. "Gegenseite" verlangen kann.
2. Dritter
Rz. 72
Nicht selten kommt es vor, dass ein Dritter anstelle des Auftraggebers die Vergütung zahlt oder schuldet. Im Unterschied zu den Fällen unter den Rdn 67 ändert sich aber nichts daran, dass weiterhin der Mandant – also der Auftraggeber – Schuldner der Anwaltsvergütung bleibt.
a) Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bei Beratungshilfe
Rz. 73
Für den Fall, dass dem Auftraggeber Beratungshilfe bewilligt worden ist, ist es möglich, dass gem. § 9 BerHG für die Gegenseite die Verpflichtung besteht, dem RA die gesetzliche Vergütung zu erstatten, soweit eine grds. sog. materiell-rechtliche Kostenerstattungspflicht gegeben ist. Befand sich der Gegner z.B. im Verzug, steht dem RA ein eigener Schadensersatzanspruch zu. Der insoweit in der Person des Rechtsuchenden (Auftraggebers) entstandene Anspruch auf Erstattung der gesetzlichen Vergütung geht kraft Gesetzes auf den RA über. Nur dieser kann den Erstattungsanspruch geltend machen, der Rechtsuchende selbst ist nicht mehr Anspruchsinhaber und damit nicht in der Lage, den Anspruch durchzusetzen. Der RA kann vom Gegner die Differenz zwischen dem Beratungshilfeanspruch und der sog. Wahlanwaltsvergütung geltend machen.
Rz. 74
Selbstverständlich kann ein Dritter aufgrund materiell-rechtlicher Vorschriften auch dann die Vergütung schulden, wenn dem Auftraggeber Beratungshilfe nicht bewilligt wurde. Die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsvorschriften sind immer gleich.
b) Rechtsschutzversicherung
Rz. 75
Hat eine Rechtsschutzversicherung eine sog. Kostendeckungszusage erteilt, so zahlt diese anstelle des Auftraggebers die gesetzliche Vergütung des RA. Im gerichtlichen Verfahren zahlt die Rechtsschutzversicherung (RSV) auch die Kosten der Gegenseite, wenn der Auftraggeber unterliegt und die Gerichtskosten.
Rz. 76
Der Mandant bleibt alleiniger Vergütungsschuldner. Zahlt die RSV nicht oder nur z.T., kann der RA selbstverständlich nicht beglichene Vergütungsforderungen beim Auftraggeber einfordern.
Die Rechnung, die erstellt wird, wenn eine RSV eingeschaltet wird, ist an den Auftraggeber zu richten. In de...