Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 50
Grundsätzlich sind vom einzusetzenden Vermögen nur solche Vermögenswerte erfasst, die im Eigentum des Auszubildenden stehen oder deren Inhaber er ist. Das betrifft in der Praxis zunächst die Fälle, in denen typischerweise Eltern, Großeltern oder sonstige Verwandte bei Banken Vermögen für ihre Kinder, Enkelkinder etc. angespart haben. Aus wessen Mitteln auf ein Konto eingezahlte Gelder stammen, ist für die Frage der Forderungsinhaberschaft gegenüber der Bank im BAföG aber ebenso unerheblich wie der Umstand, ob auf dem Konto Geldbeträge verbucht wurden, die steuerlich möglicherweise einem Dritten – dem Bevollmächtigten – zuzuordnen sind. Entscheidend kommt es darauf an, ob der Zuwendende sich die Verfügung über ein solches Sparguthaben vorbehalten will oder dem Begünstigten bereits ein Forderungsrecht gegenüber der Bank einräumen will:
Zitat
"Für die Beurteilung der Gläubigereigenschaft des Klägers ist nach der hierfür einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage, wann die Errichtung eines Sparkontos auf den Namen eines Anderen auf einen Vertrag zugunsten Dritter schließen lasse, nicht entscheidend, dass das Sparkonto auf den Namen des Klägers errichtet worden ist. Entscheidend ist vielmehr, wer gemäß der Vereinbarung mit der Sparkasse Kontoinhaber werden sollte. Fehlen ausdrückliche schriftliche Vereinbarungen zwischen den bei der Errichtung des Kontos Beteiligten, so ist zu prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Gläubigerstellung des im Sparbuch Benannten oder eines Dritten vorliegen. Ein wesentliches Indiz kann dabei sein, wer das Sparbuch in Besitz nimmt, denn gemäß § 808 BGB wird die Sparkasse durch die Leistung an den Inhaber des Sparbuchs auf jeden Fall dem Berechtigten gegenüber frei. Typischerweise ist, wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, aus diesem Verhalten zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten will."
Rz. 51
Das Unterschreiben eines Freistellungsauftrags für ein fremdnützig angelegtes, aber in der eigenen Verfügungsmacht des Sparers gehaltenes Sparkonto durch den potenziell Begünstigten begründet keine Vereinbarung darüber, wer Inhaber des Sparkontos sein soll. Auch der Umstand, dass nach § 44a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG nur der Gläubiger der Kapitalerträge einen Freistellungsauftrag erteilen kann, kann eine Gläubigerstellung des Begünstigten in der Regel nicht begründen, weil hier die Vermutung besteht, dass die Freistellung fehlerhaft erteilt wurde.
Rz. 52
Die Begründung eines Wertpapierdepots durch einen Vater, der seinerseits Steuern sparen möchte, ist in Einklang mit der angeführten Absicht eines Elternteils, das bislang ihm zustehende Vermögen aus steuerrechtlichen Gründen der minderjährigen Tochter zuzuordnen, "rechtskonform nur zu erreichen, wenn die Klägerin auch materiellrechtlich Inhaberin des Depots wurde, ihr also der entsprechende Wertpapierbestand nicht nur formal, sondern auch materiell zustand".
Rz. 53
Aus der Übertragung von Vermögenswerten ergibt sich in der Folge die Frage nach der rechtlichen Bewertung von Treuhandverhältnissen. Außerdem stellt sich die Frage, wie mit Vermögensverlagerungen/-verschiebungen durch den Auszubildenden vor der Antragstellung umzugehen ist.
1. Treuhandverhältnisse
Rz. 54
Bei einer wirksamen Trauhandvereinbarung ist das Treuhandvermögen nicht dem Treuhänder zuzurechnen. Deshalb wird häufig vorgetragen, dass der Auszubildende das Vermögen nur treuhänderisch erhalten habe.
Rz. 55
Einen typischen Treuhandvertrag mit stets gleicher Ausgestaltung gibt es nicht; vielmehr bestimmt der Einzelfall die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Ein Treuhandvertrag ist aber immer dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder die betroffenen Vermögensrechte tatsächlich überträgt. Der Treuhänder ist in Ausübung der sich daraus ergebenden Rechtsmacht nur im Innenverhältnis und nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt. Er erwirbt daher je nach Ausgestaltung bis hin zum Vollrecht ein Vermögensrecht hinzu. Bei einer Vollrechtsübertragung verliert dabei der Treugeber die Verfügungsmacht; der Treuhänder kann ihn allerdings wiederum zu Verfügungen bevollmächtigen. Bedeutsam für das förderungsrechtliche Endergebnis ist, dass der Treuhänder zugleich mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-)Verpflichtung belastet ist, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet, grundsätzlich erst bei der Frage des Schuldabzugs nach § 28 Abs. 3 BAföG berücksichtigt werden kan...