I. Verstöße gegen das Grundgesetz
Rz. 1
Bei der Gestaltung von Ehe- und Scheidungsfolgenvereinbarungen sind stets die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch soweit sie auf verfassungsrechtlichen Aspekten gründen, im Blick zu behalten. Dies betrifft vornehmlich die Inhalts- und Ausübungskontrolle (vgl. § 8 Rdn 70 ff.).
II. § 125 BGB Nichtigkeit wegen Formmangels
Rz. 2
Ermangelt der Ehevertrag der gesetzlich vorgeschriebenen Form, ist er nichtig (§ 125 BGB). Die Vorschrift hat bei Eheverträgen angesichts der verschiedenen Formvorschriften, insbesondere der notariellen Beurkundung, besondere Bedeutung. Insoweit ist auf das Kapitel "Formvorschriften" (§ 6 Rdn 1 ff.) zu verweisen sowie auf die Ausführungen zu den jeweiligen Anwendungsfällen.
III. § 134 BGB: Gesetzliche Verbote
1. Allgemeines
Rz. 3
§ 134 BGB schränkt die Privatautonomie ein und ist daher nicht, mithin auch nicht durch Ehevertrag, abdingbar.
2. Verzicht auf die Ehescheidung und Vereinbarung sonstiger Scheidungshindernisse
a) Vertraglicher Ausschluss der Scheidung
Rz. 4
Ehegatten können eine spätere Scheidung nicht vertraglich ausschließen. Hierbei geht es nicht um ein "Recht auf Ledigkeit" als die gedankliche Umkehrung der Eheschließungsfreiheit im Sinne einer dahin verstandenen negativen Eheschließungsfreiheit. Art. 6 Abs. 1 GG gewährt ihnen vielmehr das Recht, nach Eintritt der die Scheidung rechtfertigenden Voraussetzungen geschieden zu werden und damit ihre Eheschließungsfreiheit wiederzuerlangen.
b) Verzicht auf ein bereits entstandenes Scheidungsrecht
Rz. 5
Ehegatten können jedoch auf ein bereits entstandenes Scheidungsrecht verzichten mit der Folge, dass es neu entsteht, wenn einer der im Gesetz vorgesehenen Scheidungstatbestände aufgrund einer neuen Tatsachenlage erfüllt wird. Die Wirkung eines derartigen Verzichts erschöpft sich grundsätzlich darin, dass das Scheidungsrecht des verzichtenden Ehegatten erlischt, soweit es bis dahin bereits erwachsen ist. Ebenso wie im Falle eines Verzichts auf den Scheidungsantrag die erneute Geltendmachung des Scheidungsbegehrens wegen neuer Tatsachen zulässig ist kann auch das subjektive Scheidungsrecht neu entstehen, wenn einer der im Gesetz vorgesehenen Scheidungstatbestände bedingt durch eine neue Tatsachenlage erfüllt wird, insbesondere nach Ablauf einer dreijährigen Trennungsfrist, die nach § 1566 Abs. 2 BGB das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermuten lässt. Hierbei kann jedoch eine vor dem Verzicht liegende Zeit des Getrenntlebens nicht mitgerechnet werden, weil sie aufgrund des Verzichts nicht mehr als Indiz für ein Scheitern der Ehe gilt. Ist nach dem Verzicht noch keine dreijährige, sondern erst eine einjährige Trennungsfrist verstrichen, so kann der Ehegatte gleichfalls ohne weiteres die Scheidung beantragen, wenn der Ehepartner zustimmt und damit nach § 1566 Abs. 1 BGB ebenfalls die unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe eingreift.
c) Konventionalstrafen für den Fall eines Scheidungsantrags
Rz. 6
In diesem Zusammenhang sind auch Konventionalstrafen unzulässig, wobei es sich nicht um eine solche handelt, wenn die geschuldete Zahlung dazu dient, dem anderen Ehegatten das Auskommen im Fall der Scheidung zu verbessern.
d) Verpflichtung, dem Scheidungsantrag zuzustimmen
Rz. 7
Eine solche Vereinbarung ist wirksam, allerdings bis zur Scheidungsverhandlung frei widerrufbar (§ 134 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
3. Verstoß gegen das Beurkundungsgesetz
Rz. 8
Entsprechende Verstöße führen zur Unwirksamkeit der Urkunde und Nichtigkeit des Vertrages. Einschlägige Fälle werden in den besonderen Zusammenhängen abgehandelt, etwa die Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers bei einem der deutschen Sprache nicht hinreichend kundigen Beteiligten (vgl. auch Rdn 27).
Erklärt ein Beteiligter der Urkundsverhandlung oder meint der Notar, dass ein Beteiligter der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist und wird dies in der Niederschrift festgestellt (§ 16 BeurkG), muss zwingend ein Dolmetscher zur Übersetzung der Niederschrift hinzugezogen werden, falls der Notar nicht selbst übersetzt. Die Übersetzung durch einen der Beteiligten ist unzureichend, die Beurkundung unwirksam und der Vertrag nichtig.
4. Verzicht auf Trennungsunterhalt, Erlassvertrag (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1, 134 BGB)
Rz. 9
Auf Trennungsunterhalt kann weder ganz noch auch nur teilweise verzichtet werden (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1, 134 BGB). Näheres siehe unter Vereinbarungen für den Fall der Trennung, § 9 Rdn 247 ff.
IV. § 138 BGB: Sittenwidrige Verträge
1. Allgemeines
Rz. 10
§ 138 BGB hat drei Funktionen, die gerade im Familienrecht, wo die gesellschaftlichen Anschauungen einem ebenso starken wie schnellen permanenten Wandel unterliegen, in besonderer Weise zum Tragen kommen.
a) Rezeptionsfunktion
Rz. 11
Neben der Rechtsordnung, die sich durch gesetzliche Sanktionen und judizielle Handhabung auszeichnet, stehen Moral und Sitten als weitere gesetzliche Sollensordnung. Die Sitten sind der allgemein als verbindlich erachtete tatsächliche Gebrauch. Es sind insoweit nur die "guten” Sitten, welche Rechtsverbundenheit einfordern. Diesen nicht juristischen Sollensvorschriften verschafft § 138 BGB rechtliche Geltung."