Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 76
a) Eine Aufrechnung setzt Gegenseitigkeit der Forderungen voraus, § 387 BGB. Diese Gegenseitigkeit wird über §§ 1922, 1967 BGB beim Alleinerben derart herbeigeführt, dass Eigengläubiger gegen eine Nachlassforderung und Nachlassgläubiger gegen eine Eigenforderung des Erben aufrechnen können.
Hinweis
Bei Miterben ist dies aufgrund der gesamthänderischen Verbundenheit des Nachlasses anders: Gemäß § 2040 Abs. 2 BGB kann der Schuldner gegen eine zum Nachlass gehörende Forderung nicht eine ihm gegen einen einzelnen Miterben zustehende Forderung aufrechnen.
Rz. 77
Nach der nachträglich erneut herbeigeführten Vermögenssonderung durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz ist Gegenseitigkeit aber nur zwischen Ansprüchen des Nachlasses gegen den Nachlassgläubiger und Gegenansprüchen des Nachlassgläubigers gegen den Nachlass, bzw. bei Ansprüchen des Erben gegen einen Eigengläubiger und Gegenansprüchen des Eigengläubigers gegen den Erben der Fall. § 1977 BGB erklärt daher die "gekreuzte" Aufrechnung von Nachlassforderung und Eigenschuld bzw. Nachlassschuld und Eigenforderung rückwirkend für unwirksam. Die Norm vervollständigt daher die Separation der Vermögensmassen und verhindert, dass die verschiedenen Gläubigergruppen aus der falschen Vermögensmasse befriedigt werden:
Rz. 78
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§ 1977 Abs. 1 BGB schließt zum Schutz des Erben die Befriedigung eines Nachlassgläubigers aus dem Eigenvermögen aus, indem die Norm Aufrechnungen des Nachlassgläubigers gegen Eigenforderungen des Erben ohne dessen Zustimmung für unwirksam erklärt. |
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§ 1977 Abs. 2 BGB schließt zum Schutz der Nachlassgläubiger die Befriedigung eines Eigengläubigers aus dem Nachlass aus. |
Damit den Gläubigern, die sich auf die Erfüllungswirkung der Aufrechnung gemäß § 389 BGB verlassen haben, keine Nachteile durch Verjährung drohen, wendet die h.M. § 205 BGB analog an.
Rz. 79
b) Erfasst sind Aufrechnungserklärungen seit dem Erbfall bis zur Eröffnung von Nachlassverwaltung bzw. Nachlassinsolvenz.
Hinweis
Im Rahmen von § 1990 BGB gilt § 1977 BGB so nicht, es entsteht aber letztlich eine ähnliche Rechtslage.
Rz. 80
Für Aufrechnungen nach erfolgter Vermögensseparation bedarf es der Fiktion des § 1977 BGB nicht; hier kann gegen den Verwalter nur mit Forderung und Schuld den Nachlass betreffend aufgerechnet werden, gegen den Erben nur betreffend Forderung und Schuld des Eigenvermögens.
Hinweis
Der Erbe kann nach h.M. seine Eigenforderung gegen die Forderung eines Nachlassgläubigers aufrechnen und sich sodann nach §§ 1978 Abs. 3, 684, 818 BGB i.V.m. § 326 Abs. 2 InsO beim Nachlass regressieren.
Rz. 81
In der Insolvenz sind für eine (an sich mögliche) Aufrechnung von Nachlassgläubigern gegen Nachlassforderungen zusätzlich die §§ 94 ff. InsO zu beachten. Die h.M. hält eine Aufrechnung des Gläubigererben nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO für unwirksam.