Dr. iur. Stephanie Herzog
1. Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, Verlust der Aktivlegitimation
Rz. 67
Mit der Anordnung der Nachlass- oder Insolvenzverwaltung verliert der Erbe ex nunc seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass; sie geht auf den Verwalter über, §§ 1984 Abs. 1 S. 1 und 2, 1985 Abs. 1 Hs. 1 BGB, §§ 80 ff. InsO.
Hinweis
Der Erbe verliert auch die aktive Prozessführungsbefugnis für jegliche Nachlassstreitigkeit; laufende Prozesse werden unterbrochen, §§ 240, 241 Abs. 3 ZPO (siehe noch unten § 10).
Rz. 68
Rechtshandlungen des Erben sind ab der Anordnung der Nachlassverwaltung unwirksam, § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB, ein gutgläubiger Erwerb scheidet bei beweglichen Sachen aus; bei unbeweglichen Sachen ist dieser nur bis zur Eintragung ins Grundbuch möglich, § 81 InsO. Leistet ein Dritter an den Erben, so hat dies nur unter den Voraussetzungen des § 82 InsO schuldbefreiende Wirkung und der Erbe muss das Erhaltene in den Nachlass geben, § 816 BGB, § 1978 BGB. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so muss der Dritte erneut leisten und beim Erben kondizieren.
Rz. 69
Verfügungen, die der Erbe vor der Anordnung der Nachlassverwaltung oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, haben aber Bestand, da der Erbe seine Verfügungsbefugnis nur ex nunc verliert. Eine dingliche Surrogation ist nur bei Miterben vorgesehen, § 2041 BGB. Die Norm ist nach h.M. nicht analog auf den Alleinerben anzuwenden; vielmehr findet hier ein schuldrechtlicher Ausgleich nach §§ 1978 f., 662 ff. BGB statt (vgl. hierzu schon oben § 4 Rdn 13 und zu den Ansprüchen aus § 1978 BGB noch unten Rdn 82 ff.).
Hinweis
Mitunternehmerstellung der Erben eines Kommanditisten bleibt durch die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens unberührt.
2. Keine Passivlegitimation des Erben
Rz. 70
Der Erbe ist mit der Anordnung der Nachlass(insolvenz)verwaltung nicht mehr passivlegitimiert in Bezug auf reine Nachlassverbindlichkeiten, § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB. Die Gläubiger müssen gegen den Nachlass- bzw. Insolvenzverwalter vorgehen und können Befriedigung nur noch aus dem Nachlass suchen, § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB.
Hinweis
Prozesse sind gegen den Nachlass- oder Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes zu führen; dieser ist gesetzlicher Prozessstandschafter; unterbrochene Prozesse kann er aufnehmen.
Rz. 71
Das Eigenvermögen kann wegen reiner Nachlassverbindlichkeiten der Erben nicht mehr in Anspruch genommen werden, § 1975 BGB (ggf. i.V.m. §§ 785, 781, 767 ZPO, vgl. hierzu näher unten § 13).
Rz. 72
Die durch die Nachlass(insolvenz)verwaltung eintretende Vermögenssonderung sondiert auf der Passivseite aber nur die Erblasserschulden und die Erbfallschulden, sprich die reinen Nachlassverbindlichkeiten von den Eigenverbindlichkeiten des Erben. Für Nachlasserbenschulden und reine Eigenverbindlichkeiten haftet der Erbe nach wie vor persönlich mit seinem Eigenvermögen. In Bezug auf die Nachlasserbenschulden allerdings mit der Regressmöglichkeit nach §§ 1978 Abs. 3, 1979, (683 S. 2), 670 BGB (vgl. hierzu unten Rdn 99 ff.).