Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 87
Generell werden die Erben im Falle der nachträglich herbeigeführten Vermögenssonderung so behandelt, als hätten sie fremdes Vermögen verwaltet, § 1978 BGB:
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Für nach der Annahme erfolgte Verwaltungsmaßnahmen ist der Erbe den Nachlassgläubigern so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte, § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB; |
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für vor der Annahme besorgte Geschäfte haftet er nach § 1978 Abs. 1 S. 2 BGB wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag. |
Rz. 88
Diese Haftung kann der Erbe nicht beschränken; er haftet mit seinem Eigenvermögen, da es sich um Eigenschulden handelt. Betroffen sind Verwaltungsmaßnahmen zwischen Eintritt des Erbfalles und Anordnung von Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz.
Rz. 89
Die Ansprüche gelten als zum Nachlass gehörig, § 1978 Abs. 2 BGB; weshalb sie vom Nachlassinsolvenzverwalter, § 80 InsO, bzw. vom Nachlassverwalter, § 1984 BGB, zur Anreicherung des Nachlasses und damit im Interesse der Nachlassgläubiger geltend gemacht werden können.
Hinweis
Im Rahmen von § 1990 BGB können die Gläubiger selbst die Ansprüche aus § 1978 BGB geltend machen.
1. Verwaltungsmaßnahmen vor der Annahme der Erbschaft, § 1978 Abs. 1 S. 2 BGB
a) Haftung für eigene Verwaltungsmaßnahmen
Rz. 90
Für Verwaltungsmaßnahmen vor der Annahme der Erbschaft, also für Geschäfte mit Bezug auf den Nachlass in der Zeit zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft, haftet der später annehmende Erbe dem Nachlass wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag, §§ 1978 Abs. 1 S. 2, 677 ff. BGB, wenn später eine endgültige Haftungsbeschränkungsmaßnahme, wie Nachlassinsolvenz, Nachlassverwaltung oder §§ 1989 ff. BGB herbeigeführt wird.
Hinweis
Die aus § 1978 Abs. 1 S. 2 BGB resultierenden Ansprüche stehen anders als bei der Ausschlagung bzw. Anfechtung der Erbschaftsannahme über § 1959 Abs. 1 BGB, gemäß § 1978 Abs. 2 BGB den Gläubigern zu. Daher kommt es auch nicht entscheidend auf das Interesse eines verständigen Erben, sondern auf das der Gesamtheit der Nachlassgläubiger an, wobei § 679 BGB zu beachten ist. Aus einer Maßnahme, der ein Gläubiger zugestimmt hat, kann aber zumindest dieser Gläubiger keine Schadensersatzansprüche herleiten.
Rz. 91
Der Erbe haftet nach §§ 1978, 684 BGB für Übernahmeverschulden und nach §§ 1978, 280 BGB für Ausführungsverschulden. Dabei hat der Erbe grundsätzlich jedes Verschulden, § 276 BGB, zu vertreten, es sei denn, es liegt ein Fall von § 680 BGB vor. Eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag i.S.d. § 683 BGB liegt dann vor, wenn die Verwaltungsmaßnahme dem objektiven Interesse aller Gläubiger genügt.
b) Haftung für Verwaltungsmaßnahmen eines eingesetzten Nachlasspflegers
Rz. 92
Hat sich der vorläufige Erbe vor der Annahme darauf beschränkt, den Nachlass zu sichten, kommen Ansprüche gegen ihn aus §§ 1978 Abs. 1 S. 2, 681 S. 2, 667 BGB auf Herausgabe bzw. aus §§ 280 ff. BGB auf Schadensersatz nicht in Betracht:
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Da er den Nachlass nicht in Besitz genommen hat, ist er keinem Herausgabeanspruch ausgesetzt. |
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Schadensersatzansprüche scheitern an einer mangelnden Pflichtverletzung. Insbesondere kann ihm kein Vorwurf gemacht werden, weil er die Verwaltung nicht übernommen hat, und zwar auch dann nicht, wenn ein Bedürfnis zur Verwaltung des Nachlasses bestand. Bei Handlungsbedarf muss das Nachlassgericht zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB angeordnet haben. Möglich ist die Anordnung auch auf Antrag eines Nachlassgläubigers nach § 1961 BGB. |
Hinweis
Der Nachlasspfleger ist den Nachlassgläubigern zwar für die Verwaltung des Nachlasses verantwortlich, § 1985 Abs. 2 S. 1 BGB analog. Die Erben haften aber nicht; denn der eingesetzte Nachlasspfleger kann den Erben nicht nach § 278 BGB zugerechnet werden (str.); da dieser nicht im Pflichtenkreis des Erben tätig wird. Entsteht dem Nachlass durch eine Handlung des Nachlasspflegers ein Schaden, so haftet dieser nach §§ 1813, 1794 BGB.