Rz. 70
Die HeizKV gibt kein festes Abrechnungssystem, sondern einen Rahmen vor, der von der Eigentümergemeinschaft (und nicht vom Verwalter) durch Beschluss ausgefüllt werden muss, soweit nicht schon die Teilungserklärung Vorgaben macht. Welche Entscheidungen getroffen werden müssen, wird nachfolgend erörtert.
Rz. 71
Zunächst muss festgelegt werden, zu welchem Anteil die Gesamtkosten verbrauchsabhängig (nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer) verteilt werden; § 7 Abs. 1 S. 1 HeizKV eröffnet dafür einen Rahmen zwischen 50 % und 70 %. Oft wird der Anteil schon in der Teilungserklärung bestimmt; dann muss kein Beschluss dazu gefasst werden. Die Festlegung der Teilungserklärung kann aber durch Beschluss gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG geändert werden. Den sachgerechten Schlüssel für das jeweilige Haus zu finden ist eine Wissenschaft für sich, die vorliegend nicht vertieft werden kann. Zu beachten sind aber jedenfalls die Vorgaben des § 7 HeizKV: Gem. § 7 Abs. 1 S. 2 HeizKV muss bei mit Öl oder Gas beheizten Gebäuden, die nicht der WärmeschutzVO von 1994 gerecht werden und deren freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend gedämmt sind, ein Umlagemaßstab von 70 % für den Verbrauchskostenanteil festgelegt werden. Gem. § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKV kann in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird (das betrifft insbesondere, aber nicht nur Einrohrheizungssysteme) der Wärmeverbrauch "nach den anerkannten Regeln der Technik" erfasst/abgerechnet werden. Obwohl die Rohrwärmeverluste noch größer sind, wenn Leitungen nicht freiliegen, sondern im Estrich und in den Wänden verlaufen, ist die Regelung in solchen Fällen nicht anwendbar. Mit den "anerkannten Regeln der Technik" ist das sog. Bilanzverfahren (eines von drei "Verfahren zur Berücksichtigung von Rohrwärmeverlusten" der Richtlinie VDI 2077) gemeint. Die Anwendung der VDI 2077 kommt in Betracht (Ermessensentscheidung), wenn die Erfassungsrate weniger als 34 % der Gesamtwärme beträgt. Unterschreitet die Erfassungsrate (Verbrauchswärmeanteil) den Wert von 25 oder gar 20 %, reduziert sich das von der HeizKV eingeräumte Ermessen auf Null; es muss nach VDI 2077 abgerechnet werden. Unterschreitet die Erfassungsrate aber 10 %, kann mit oder ohne Anwendung der VDI 2077 nicht mehr von einer verbrauchsabhängigen Abrechnung die Rede sein; sinnvollerweise müsste dann nach einem verbrauchsunabhängigen Schlüssel (MEA oder Fläche) abgerechnet werden. Das sieht der BGH aber anders und zwingt die Wohnungseigentümer auch in solchen Fällen zu "verbrauchsabhängigen" Heizkostenabrechnungen, die zu extrem ungerechten Ergebnissen führen können. Eine Abrechnung unter Anwendung der VDI 2077 entspricht den Vorschriften der HeizKV, weshalb – anders als bei einer verbrauchsunabhängigen Abrechnung – auch kein Kürzungsrecht von Mietern besteht. Die Einführung der Abrechnung nach VDI 2077 muss von der Gemeinschaft ausdrücklich (z.B. unter einem dem Beschluss der Jahresabrechnung vorgeschalteten TOP) beschlossen werden. Der erforderliche Beschluss steckt nicht konkludent im Beschluss der Jahresabrechnung; es verhält sich wie bei sonstigen Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG (→ § 8 Rdn 49). Zuvor muss natürlich bekannt sein, ob die Erfassungsrate 34 % unterschreitet; das kann aber problemlos jedes Messdienstunternehmen, aber auch der einzelne Wohnungseigentümer (wenn er ein wenig Rechenarbeit auf sich nimmt) anhand der Abrechnungsdaten ermitteln. Unterschreitet die Erfassungsrate den kritischen Wert von 34 %, ist es i.d.R. nicht damit getan, eine Korrektur der Heizkostenabrechnung nach dem Bilanzverfahren zu beschließen; vielmehr sollten ergänzend anlagentechnische Maßnahmen geprüft und ggf. beschlossen werden, z.B. die Überprüfung und Einstellung vorhandener Strangregulierventile, das Absenken der Heizkennlinie (Temperatur) und der Umwälzpumpenleistung sowie erforderlichenfalls die Nachrüstung der Anlage mit Einrichtungen zum hydraulischen Abgleich.
Rz. 72
Eine Regelung (in der Teilungserklärung oder in einem Beschluss), die den verbrauchsabhängigen Anteil unter 50 % festlegt, ist unwirksam; wirksam hingegen ist gem. § 10 HeizKV die Festlegung eines höheren Anteils als 70 % (bis zu 100 %). Die nachträgliche Einführung einer 100 %ig verbrauchsabhängigen Kostenverteilung bedarf einer Vereinbarung oder eines allstimmigen Beschlusses. Gerecht ist die rein verbrauchsabhängige Kostenverteilung aber nicht, weil sie den Lagevorteil innen liegender Wohnungen ("Mitheizeffekt") und die Leitungsverluste (bis zu 40 %) nicht berücksichtigt. Die in Teilungserklärungen verbreitete Regelung "Soweit laufende Kosten für jede Einheit durch Messvorrichtungen oder in anderer Weise einwandfrei festgestellt werden können, trägt jeder Eigentümer die für sein Sondereigentum anfallenden Kosten allein" bedeutet nicht...