1. Grundlagen
Rz. 120
Gem. § 28 Abs. 2 wird über Nachschüsse und die Anpassung der Vorschüsse beschlossen; nicht "die Abrechnung", aber auf deren Grundlage. Vereinfacht kann weiterhin vom "Abrechnungsbeschluss" gesprochen werden. Der Abrechnungsbeschluss ist – wie jeder andere Beschluss auch – auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären, wenn er ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, also rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit kann sich aus formellen Fehlern der Beschlussfassung ergeben oder daraus, dass das Abrechnungsergebnis falsch ist. Man könnte meinen, dass jeder Fehler im Gesamtwerk "Jahresabrechnung" zur (zumindest teilweisen) Anfechtbarkeit führen müsste; so war es in der Tat bis zur WEG-Reform 2020. Ein erklärtes Ziel der Reform 2020 bestand aber darin, "dass die Zahl der in der Praxis häufigen Streitigkeiten über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung verringert wird. Dafür wird der Beschlussgegenstand jeweils auf die Zahlungspflichten reduziert. Für den Erfolg einer Anfechtungsklage genügt es deshalb nicht mehr, dass lediglich einzelne Teile des Wirtschaftsplans oder der Jahresabrechnung fehlerhaft sind, solange sich dieser Fehler nicht auf die Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer auswirkt." Dieser Grundgedanke wird in der Gesetzesbegründung mehrfach wiederholt: "Wird gegen die Beschlussvorbereitungspflicht aus § 28 Abs. 2 Satz 2 verstoßen, beschließen die Wohnungseigentümer aber dennoch nach Satz 1 über die dort genannten Zahlungspflichten, macht allein dies den Beschluss nicht fehlerhaft." "Fehlt der Vermögensbericht, werden die Beschlüsse über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung dadurch nicht fehlerhaft." Nach altem Recht führten Verstöße gegen die Beschlussvorbereitungspflicht (insbesondere die verspätete Vorlage der Abrechnungen) zur Anfechtbarkeit. Die Frage ist derzeit offen, ob die Rspr. davon abrücken und sich der in der Gesetzesbegründung dokumentierten Sichtweise des Gesetzgebers anschließen wird oder nicht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Verstöße gegen die Beschlussvorbereitungspflicht überhaupt noch zur Anfechtbarkeit führen können; denn es gibt keinen Grund, weshalb für Abrechnungsbeschlüsse insoweit etwas anderes als für andere Beschlüsse gelten sollte. Nach hier vertretener Auffassung (derzeit noch "Mindermeinung") führen Verstöße gegen die Beschlussvorbereitungspflichten grundsätzlich nicht zur Anfechtbarkeit, weil nicht der Vorgang der Willensbildung, sondern das Ergebnis überprüft wird (→ § 6 Rdn 8). Eine Anfechtung des Abrechnungsbeschlusses kann also (abgesehen von Formfehlern, um die es hier nicht geht) nur noch damit begründet werden, dass ein Eigentümer die Höhe seines Nachschusses, also das Abrechnungsergebnis, beanstandet. Konkret kann er vorbringen, dass Ausgaben oder Einnahmen fehlerhaft nicht oder mit dem falschen Verteilerschlüssel abgerechnet wurden. So dürfte es etwa die Anfechtbarkeit des Abrechnungsbeschlusses begründen, wenn in den Einzelabrechnungen entgegen der Vorgaben des BGH (→ § 8 Rdn 83) die Differenz zwischen Ausgaben und Verbrauchskosten nicht abgerechnet bzw. gutgeschrieben wurde, weil sich dieser Fehler auf das Abrechnungsergebnis auswirkt. Unverändert gilt, dass eine einzelne Einzelabrechnung nicht isoliert angefochten werden kann, denn wenn diese aufgehoben wird, hat das zwangsläufig Auswirkungen auf die Verteilung in allen Einzelabrechnungen.
Rz. 121
Nach bisheriger Rechtslage war es möglich, die Anfechtung auf einzelne Positionen der Abrechnung zu beschränken (Teilanfechtung), bspw. wenn ein fehlerhafter Umlageschlüssel verwendet wurde. Dann wurde der Genehmigungsbeschluss auch nur im Umfang der Anfechtung für ungültig erklärt, in etwa so: "Der Beschl. v. … (Genehmigung der Jahresabrechnung 2020) wird hinsichtlich der Einzelabrechnungen in der Position “gerichtliche Verfahren‘ (oder: Heizkostenabrechnung usw.) für ungültig erklärt". Die Abrechnungsergebnisse (Abrechnungsspitzen) wurden auch bei einer Teilungültigerklärung zwangsläufig unrichtig und damit unwirksam; ob diese Wirkung im Urteilstenor explizit ausgesprochen wurde, war unerheblich. Der für dieser Sichtweise angeführte Vorteil bestand darin, dass der Abrechnungsbeschluss hinsichtlich der nicht für ungültig erklärten Positionen bestandskräftig werden konnte, sodass die Gemeinschaft sich anschließend nur noch mit den für ungültig erklärten und entsprechend nachgebesserten Positionen sowie der daraus resultierenden Abrechnungsspitze befassen musste. Es sei dahingestellt, ob diese Sichtweise wirklich vorteilhaft und überzeugend war; es gab jedenfalls eine Fülle von Problemen und Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Teilanfechtung. Vor dem Hintergrund des mit dem WEMoG eingeführten Paradigmenwechsels (beschlossen wird nicht "die Jahresabrechnung", sondern die Zahlungspflicht) kann es keine Teilanfechtung/ Teilungültigerklärung eines Abrechnungsbeschlusses mehr geben. Denn entweder besteht die Zahlungspflicht in der beschlossenen Hö...