1. Anspruch der Gemeinschaft gegen den Verwalter
Rz. 124
Der Verwalter ist gem. § 28 Abs. 2 S. 2 WEG verpflichtet, die Jahresabrechnung für das Vorjahr aufzustellen. Das gilt im Fall des Verwalterwechsels auch bzw. nur dann, wenn seine Bestellungszeit (sein "Amt") zum 1. Januar begonnen hat. Dann muss er die Abrechnung auf der Basis der Buchhaltung des ausgeschiedenen Vorverwalters fertigen; diese Aufgabe wird ihm dadurch erleichtert, dass der Vorverwalter zur Rechnungslegung verpflichtet ist (→ § 10 Rdn 204). Zur Erstellung der Jahresabrechnung ist nämlich derjenige verpflichtet, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Verwalter ist. Wann genau die Abrechnungspflicht entsteht, hat der BGH allerdings offen gelassen; er hat nur klargestellt, dass die "Entstehung" nicht dasselbe wie die "Fälligkeit" ist (die früher zur Bestimmung des Entstehens der Leistungspflicht maßgeblich gehalten wurde), weil die Fälligkeit lediglich den Zeitpunkt bestimmt, von dem der Gläubiger die Leistung verlangen kann, aber nichts darüber aussagt, wer die Leistung schuldet. Nach h.M. entsteht die Abrechnungspflicht am ersten Tag des Folgejahres, sprich: am 1. Januar. Das leuchtet ein, denn vor dem Ablauf des Kalenderjahres kann noch gar keine Pflicht zur Erstellung der Abrechnung bestehen (da ein ganzes Kalenderjahr abzurechnen ist), was sich mit dem Jahreswechsel ändert. Folglich ist zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet, wer am 1. Januar Verwalter ist – und bleibt es, selbst wenn er im Laufe des Jahres (im Extremfall schon am 2. Januar) aus dem Amt ausscheiden sollte. Eine Mindermeinung hält zwar mit prinzipiell guten Gründen den Verwalter für zuständig, in dessen Amtszeit das abzurechnende Jahr fällt; dieser Auffassung ist aber schon aus praktischen Gründen nicht zu folgen, denn wie soll der ausgeschiedene Verwalter die Einzelabrechnungen aufstellen, wenn ihm keine Verwaltungsunterlagen und keine Heizkostenabrechnung vorliegen? Die Erstellung wäre mit derartigen praktischen Schwierigkeiten verbunden, dass man jedenfalls davon ausgehen muss, dass die Vertragsparteien dem Verwalter diese Pflicht nicht aufbürden wollen.
Rz. 125
Wenn die Bestellungszeit des neuen Verwalters nach dem 1. Januar beginnt, ist er nicht zur Aufstellung der Vorjahresabrechnung verpflichtet, auch wenn der Wortlaut der gesetzlichen Regelung anderes vermuten lässt. Mit der Aussage, dass der Verwalter die Jahresabrechnung aufzustellen habe, sieht das Gesetz nämlich nur die Organzuständigkeit und nicht eine originäre Verpflichtung des Verwalters vor. Die Regelung bedeutet insbesondere nicht, dass der amtierende Verwalter ungeachtet der Frage, wann er sein Amt übernommen hat, der Gemeinschaft gegenüber in allen Fällen zur Erstellung fälliger Abrechnungen verpflichtet wäre. Insbesondere wenn Abrechnungen früherer Kalenderjahre fehlen, ist die Gemeinschaft zwar verpflichtet, diese erstellen zu lassen und zu beschließen (→ § 8 Rdn 123). Der amtierende Verwalter ist aber nicht verpflichtet, diese Aufgabe der Gemeinschaft zu erfüllen. Die Gemeinschaft muss also entweder – falls vorhanden – einen verpflichteten früheren Verwalter in Anspruch nehmen oder die Erstellung der Abrechnung anderweitig beauftragen.
Rz. 126
Legt der Verwalter pflichtwidrig keine oder eine fehlerhafte Jahresabrechnung vor, kann die Gemeinschaft ihn auf (Nach-)Erfüllung in Anspruch nehmen und eine entsprechende Leistungsklage erheben. Dazu wird es allerdings i.d.R. erst kommen, wenn der untätige bzw. unfähige Verwalter abberufen wurde. Die Pflicht zur Nachbesserung (Nacherfüllung) einer mangelhaften Jahresabrechnung ist nur dadurch zu begründen, dass die Erstellung der Jahresabrechnung aufgrund ihres Erfolgscharakters der werkvertraglichen Mängelhaftung unterstellt wird; das ist richtig und zeigt, dass es sich beim Verwaltervertrag entgegen der h.M. schwerpunktmäßig nicht um einen Dienst-, sondern um einen Werkvertrag handelt (→ § 10 Rdn 84). Die Nacherfüllungspflicht besteht auch dann, wenn eine fehlerhafte (beispielsweise unschlüssige) Abrechnung beschlossen wurde; denn der Beschluss der Abrechnung ändert nichts an ihrer Fehlerhaftigkeit.
Rz. 127
Muster 8.7: Klage auf Erstellung von Jahresabrechnung und Vermögensbericht
Muster 8.7: Klage auf Erstellung von Jahresabrechnung und Vermögensbericht
Die Beklagte wird verurteilt, für die Wohnungseigentümergemeinschaft Heinestraße 12, 75234 Musterstadt eine Jahresabrechnung gem. § 28 Abs. 2 WEG und einen Vermögensbericht gem. § 28 Abs. 4 WEG für das Jahr 2021 zu erstellen.
Rz. 128
Einer Gemeinschaft ist eine Titulierung der Abrechnungspflicht aber nicht zu empfehlen. Denn wenn der (Ex-)Verwalter eine fehlerfreie Abrechnung "nicht kann", wird er dazu auch nach einer entsprechenden Verurteilung nicht in der Lage sein; mit dem Titel fängt die Gemeinschaft deshalb nicht viel an. Wenn sie zur Zwangsvollstreckung schreitet (nicht anders als bei einer geschuldeten Rechnungslegung → § 10 Rdn 209), wird der Ex-Verwalter zudem immer neue Varianten von Abre...