Rz. 14
Wie bereits eingangs erwähnt, kennt das Gesetz neben dem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb auch bestimmte Fälle gesetzlichen Eigentumserwerbs. Neben dem in der Praxis bedeutsamen Eigentumserwerb durch Erbfolge, der im Erbrechtsbuch des BGB in § 1922 Abs. 1 BGB geregelt ist, sind im Sachenrecht noch einige andere Fälle gesetzlichen Eigentumserwerbs geregelt.
a) Verbindung
Rz. 15
Das BGB kennt zwei Fälle der Verbindung von Sachen, zum einen die Verbindung von beweglichen Sachen (§ 947 BGB), z.B. der Einbau eines Austauschmotors in einen Gebrauchtwagen, und zum anderen die Verbindung einer beweglichen mit einer unbeweglichen Sache (§ 946 BGB), etwa der Einbau einer Heizungsanlage in ein Haus. Sofern die Verbindung beweglicher Sachen dazu führt, dass sie nun wesentliche Bestandteile (§ 93 BGB) einer einheitlichen Sache geworden sind, kommt es für die Eigentumsverhältnisse darauf an, ob eine der beiden Sachen im Rechtsverkehr als "Hauptsache" angesehen wird; ist dies der Fall, wird der Eigentümer der Hauptsache auch Eigentümer der hiermit verbundenen Sache. Ist keine der Sachen als Hauptsache einzustufen, werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer der neuen Sache. Im Beispielsfall des Einbaus des Austauschmotors wird der Wagen als Hauptsache angesehen, so dass mit dem Einbau der Eigentümer des Wagens auch Eigentümer des Motors wird. Bei Verbindung von beweglichen mit unbeweglichen Sachen gilt gem. § 946 BGB immer die Immobilie als Hauptsache, so dass im Falle einer Verbindung zu einem wesentlichen Bestandteil sich das Grundstückseigentum auch auf den Bestandteil erstreckt. Da Häuser und deren wesentliche Bestandteile, wie etwa eine eingebaute Heizungsanlage gem. § 94 Abs. 1 und Abs. 2 BGB als wesentliche Bestandteile des Grundstücks gelten, erstreckt sich mithin auch das Grundstückseigentum auf sie.
b) Vermischung
Rz. 16
Eine untrennbareVermischung von beweglichen Sachen liegt vor, wenn die Sachen ihre eigenständige körperliche Verbindung verlieren, also z.B. beim Zusammengießen mehrerer Flüssigkeiten. Hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Verbindung beweglicher Sachen, so dass darauf verwiesen wird. Das gilt auch bei der untrennbaren Vermengung von Sachen, bei der zwar deren körperliche Selbstständigkeit erhalten bleibt, die Gegenstände aber nicht mehr auseinandergehalten werden können, bspw. wenn ein 10-Euro-Schein in eine mit 10-Euro-Scheinen gefüllte Kasse eines Supermarktes gelegt wird.
c) Verarbeitung
Rz. 17
Von großer praktischer Bedeutung ist der Eigentumserwerb durch Verarbeitung gem. § 950 BGB, der dem Eigentumserwerb gem. §§ 947–949 BGB rechtlich vorgeht. Wenn Produkte aus verschiedenen, angelieferten Materialien hergestellt werden, wie bspw. ein Pkw, erwirbt derjenige, der diese Materialien zu einer neuen einheitlichen Sache verarbeitet, hieran das Alleineigentum, sofern nicht der Wert seiner Verarbeitung erheblich geringer ist als der der Stoffe. Diese gesetzliche Regelung ist problematisch für die Zulieferer der Einzelmaterialien. Häufig wird nämlich die von ihnen angelieferte Ware nicht sogleich bar bezahlt, wodurch eine Sicherungslücke entsteht. Denn ab dem Zeitpunkt der Verarbeitung der angelieferten Sachen verliert der bisherige Eigentümer sein Eigentum der Ware auch dann, wenn er sich – wie regelmäßig im modernen Wirtschaftsverkehr – das Eigentum an der gelieferten Ware bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vorbehalten hat, sog. Eigentumsvorbehalt (§§ 929, 158 Abs. 1 BGB). Um hier dem berechtigten Sicherungsinteresse der Warenlieferanten Rechnung zu tragen, hat sich in der Praxis durchgesetzt, einen sog. verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel zu vereinbaren, d.h. genau genommen eine Vereinbarung darüber zu treffen, wer im Rechtssinne des § 950 BGB als Verarbeiter anzusehen ist, so dass dies zumindest auch teilweise der oder die Lieferanten der einzelnen Komponenten sind, wodurch diese eine Eigentumsposition an der neu hergestellten Sache erhalten. Die Einzelheiten hierzu sind recht kompliziert.
d) Erzeugnisse und Bestandteile
Rz. 18
Bestandteile einer Sache sowie Erzeugnisse einer Sache, wie insbesondere Obst, Pflanzen, Bäume, Eier etc., gehören gem. § 953 BGB auch nach der Trennung von der Sache dem Eigentümer der Sache, sofern nicht einem Dritten – etwa einem Pächter – ein Aneignungsrecht daran zusteht oder einer der Fälle aus §§ 954–957 BGB vorliegt. Ein nachbarrechtlicher Spezialfall ist in § 911 BGB geregelt, wonach Früchte, die von einem Baum oder Strauch auf ein in Privateigentum stehendes Nachbargrundstück fallen, dem Nachbarn gehören.
e) Ersitzung
Rz. 19
An Sachen, die man in Besitz hat, die einem aber nicht gehören, erwirbt man gem. § 937 BGB nach zehn Jahre andauerndem gutgläubigem Eigenbesitz das Eigentum.
f) Aneignung
Rz. 20
Herrenlose bewegliche Sachen, also solche, die niemandem gehören, darf man sich gem. § 958 Abs. 1 BGB aneignen und zu diesem Zwecke in Eigenbesitz nehmen. Herrenlos wird eine Sache aber nicht durch deren unfreiwilligen Verlust, sondern nur, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum an der Sache zu verzich...