A. Einführung
Rz. 1
Das Sachenrecht ist im 3. Buch des BGB (§§ 854–1296) sowie in einigen Nebengesetzen (Wohnungseigentumsgesetz – WEG – und Erbbaurechtsgesetz – ErbbauRG) geregelt. Während es bei den Regelungen des Schuldrechts (2. Buch des BGB) um das Verhältnis von Personen untereinander, also deren Rechtsbeziehungen aus vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnissen geht, ist Gegenstand des Sachenrechts das Verhältnis von Personen zu Sachen. Im Gegensatz zu Forderungen und Rechten sind Sachen körperliche Gegenstände (§ 90 BGB), wobei man begrifflich bewegliche (Mobilien) und unbewegliche (Immobilien) Sachen unterscheidet. Es gibt verschiedene Arten von Rechten an Sachen, wie bspw. das Eigentum, das Pfandrecht, die Hypothek usw. Der Kreis der denkbaren Sachenrechte ist allerdings vom Gesetzgeber abschließend begrenzt worden. Es ist also nicht möglich, durch Vereinbarung "neue" Sachenrechte zu begründen. Man spricht daher auch vom "numerus clausus" (begrenzte Anzahl) der Sachenrechte.
Rz. 2
Neben dem Eigentum als dem umfassendsten Recht an einer Sache kennt das BGB neun sog. beschränkte dingliche Rechte:
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Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB), |
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Hypothek (§§ 1113 ff. BGB), |
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Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB), |
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Rentenschuld (§§ 1199 ff. BGB), |
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Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB), |
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beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB), |
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Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB), |
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Reallast (§§ 1105 ff. BGB) und |
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Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff. BGB). |
Rz. 3
In speziellen Gesetzen außerhalb des BGB sind daneben noch zwei besondere Eigentumsformen geregelt, nämlich das Wohnungseigentum im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und das Erbbaurecht in dem Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Die beschränkten dinglichen Rechte lassen das Eigentum als solches unangetastet. Sie gewähren dem Rechtsinhaber "nur" je nach der speziellen Eigenart des beschränkten dinglichen Rechts eine bestimmte Rechtsposition an der Sache. So kann bspw. der Inhaber einer Hypothek, wenn ihm der Schuldner die hypothekarisch gesicherte Forderung nicht zurückbezahlt, zum Zwecke der Befriedigung die Zwangsversteigerung des "beliehenen" Grundstücks (= des Eigentums daran) betreiben. Der Inhaber einer Grunddienstbarkeit kann demgegenüber z.B. die Befugnis haben, über ein fremdes Grundstück zu seinem Grundstück gehen und fahren zu dürfen (Wege- und Überfahrtrecht). Neben dem Eigentum und den beschränkten dinglichen Rechten kennt das BGB schließlich noch den Besitz. Während im nichtjuristischen Sprachgebrauch häufig Besitz und Eigentum gleichgesetzt werden, bedarf es rechtlich diesbezüglich einer genauen Unterscheidung. Der Besitz stellt lediglich die tatsächliche Herrschaftsgewalt über eine Sache dar. Das Eigentum verkörpert hingegen die grds. unbeschränkte rechtliche Befugnis, mit der Sache nach Belieben verfahren und über sie verfügen zu dürfen. Ausgehend von diesem Verständnis können mithin Eigentum und Besitz auseinanderfallen. So hat etwa der Mieter eines Mietwagens nach dessen Übergabe an der Mietstation Besitz an diesem, das Eigentum an dem Mietwagen steht ihm hingegen nicht zu.
B. Besitz
I. Arten von Besitz
Rz. 4
Wie bereits angedeutet, unterscheidet das BGB begrifflich den Besitz als tatsächliche Sachherrschaft von dem Eigentum als rechtlicher Sachherrschaft. Sofern nicht nur eine, sondern mehrere Personen die tatsächliche Sachherrschaft nebeneinander ausüben, etwa Eheleute an der Mietwohnung, spricht man von Mitbesitz und von Mitbesitzern (§ 866 BGB). Übt eine Person nicht aufgrund eigener Entscheidungskompetenz, sondern nur aufgrund ihrer beruflichen Anstellung die tatsächliche Gewalt über Sachen aus, etwa die Verkäuferin von Kosmetika in einem Kaufhaus, dann ist im Rechtssinne gem. § 855 BGB nur ihr Arbeitgeber Besitzer, die Verkäuferin bezeichnet man demgegenüber als Besitzdiener(in). Dies ist von dem rechtlichen Aussagegehalt, d.h. der Zuordnung des Besitzes zu dem Arbeitgeber, nicht zu beanstanden, die Bezeichnung als Besitzdiener(in) passt jedoch sicherlich nicht mehr in das heutige Sprachverständnis über das Verhältnis von Angestellten zu ihren Arbeitgebern. Eine besondere Besitzart stellt der mittelbareBesitz gem. § 868 BGB dar. Hier ist der Grundsatz, wonach Besitz die tatsächliche Sachherrschaft voraussetzt, durchbrochen. Sofern die Person, die die tatsächliche Sachherrschaft ausübt (und nicht nur Besitzdiener ist), diesen Besitz aufgrund eines sog. Besitzmittlungsverhältnisses gem. § 868 BGB ausübt, bspw. als Mieter, Pächter, Verwahrer etc., dann ist trotzdem auch der Eigentümer "hierdurch rechtlich vermittelt" Besitzer, nämlich mittelbarer Besitzer. Den Mieter, der das Eigentumsrecht des anderen respektiert, in diesem Sinne also "für" den Eigentümer die Sache besitzt, bezeichnet man als unmittelbaren Besitzer. Entsprechend der Willensrichtung, für wen man besitzt, ist der Besitz des Mieters ein (unmittelbarer) Fremdbesitz, der des Eigentümers ein (mittelbarer) Eigenbesitz (§ 872 BGB).
Beispiel:
Ein in der Praxis häufig anzutreffender Fall des mittelbaren Besitzes ist der bei Sicherungsübereignungen v...