Rz. 235
Der Schädiger hat die durch die Einschaltung eines Sachverständigen verursachten Kosten grundsätzlich und uneingeschränkt zu erstatten, soweit die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig gewesen ist. In der Praxis werden jedoch von den Sachverständigen unterschiedlich hohe Kosten in Rechnung gestellt. Erstattungsfähig ist aber nur der nach § 249 Abs. 2 BGB erforderliche Geldbetrag. Der Geschädigte ist im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten, den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten beeinflussen kann.
Rz. 236
Der Geschädigte ist allerdings im Regelfall berechtigt, einen Gutachter seiner Wahl zu beauftragen und muss den für ihn zugänglichen Markt nicht auf einen möglichst günstigen Sachverständigen untersuchen. Anders als im Bereich der sog. Unfallersatztarife hat sich auf dem Markt der Kfz-Sachverständigen kein gesonderter erhöhter "Unfalltarif" gebildet, der eine Übertragung der von der Rechtsprechung im Bereich des Unfallersatztarifes gebildeten Grundsätze rechtfertigen könnte.
Rz. 237
Der Vertrag mit dem Sachverständigen ist ein Werkvertrag, bei dem die zu zahlende Vergütung sich in erster Linie aus der getroffenen Vereinbarung und bei deren Fehlen aus der üblichen Vergütung i.S.d. § 632 BGB ergibt. Auch über AGB kann ggf. eine wirksame Vergütungsvereinbarung erfolgen. Letztendlich kann die Wirksamkeit der getroffenen Vergütungsvereinbarung jedoch dahinstehen: In jedem Fall ist durch den Schädiger nur die Vergütung zu erstatten, die als erforderlich i.S.d. § 249 BGB angesehen werden kann. In der Rechtsprechung überwiegt dabei die Auffassung, dass hinsichtlich des Grundhonorars ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattet verlangt werden kann. Der BGH hat diese Einschätzung nicht beanstandet und fordert für eine abweichende Einschätzung, dass der erkennende Richter – ggf. mit sachverständiger Hilfe – Feststellungen trifft, die eine andere Vergütung als üblich erscheinen lassen. Der BGH stellt zudem klar, dass die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters ist.
Rz. 238
Dieses vorausgeschickt ist im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars wie folgt zu unterscheiden:
Rz. 239
Verfolgt der Geschädigte selber das angefallene Sachverständigenhonorar, greifen dieselben Grundsätze wie bei dem sog. "Werkstattrisiko" ein: Der BGH hat die in seiner Grundsatzentscheidung vom 16.1.2024 aufgestellten Grundlagen für die Anwendung des Werkstattrisikos bei einer unbezahlten Rechnung auch für das Verhältnis zwischen Geschädigtem, Sachverständigen und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Schädigers im Hinblick auf das sogenannte Sachverständigenrisiko übertragen. Denn den Erkenntnissen und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nach Ansicht des BGH nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis zu der eingeschalteten Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem Verhältnis zu einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, solange er selbst nicht fachkundig ist. Ersatzfähig sind damit im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger auch im Bereich der Schadensermittlung durch einen Sachverständigen die Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten nicht als erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB einzustufen sind. Beispielsweise kann ein nicht erkennbar überhöhter Ansatz des Sachverständigenhonorars vorliegen, wenn der Gutachter den Schaden (ohne dass der Geschädigte einen Vorschaden verschwiegen hat) unzutreffend zu hoch eingeschätzt hat und dies der Geschädigte als Laie nicht erkennen kann. Insoweit kann der Schädiger vielmehr im Rahmen des Vorteilsausgleichs eine Abtretung gegebenenfalls bestehender Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen verlangen.
Rz. 240
Zugleich weist der BGH allerdings darauf hin, dass die Kosten der Begutachtung als unfallbedingt einzustufen sein müssen, damit sie gegenüber dem Geschädigten erstattet werden. Verfolgt dieser also unfallfremde Vorschäden, sind die Kosten der Begutachtung entsprechend nicht unfallbedingt und auch gegenüber dem Geschädigten grundsätzlich nicht zu erstatten. Des Weiteren muss der Geschädigte beachten, dass er auch wirtschaftlich vorzugehen hat und sowohl bei der Beauftragung als auch bei der Überwachung des Sachverständigen die Interessen des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadensermittlungsaufwandes berücksichtigen muss. Deshalb trifft den Geschädigten insbesondere eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten und später berechneten Preise. Verlangt der Sachverständige also solche Preise, die für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung des Sachverständigen insoweit auch gegenüber dem Geschädigten a...