Dr. Michael Nugel, Sebastian Gutt
Rz. 233
Zum einen ist zu prüfen, ob das Sachverständigenhonorar sich im Bereich des üblichen bewegt und damit als objektiv erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB angesehen werden kann.
Als Schätzungsgrundlage greifen die Gerichte (wie auch bei den Mietwagenkosten) zunehmend auf entsprechende Befragungen zu dem anfallenden Honorar zurück. Der BGH hat ausdrücklich gebilligt, dass geeignete Listen oder Tabellen Verwendung finden können und falls das Gericht Zweifel an der Eignung einer Tabelle hat, sein Ermessen hinsichtlich der Anwendung dieser Tabelle beschränkt sein kann. In der Praxis werden zwei Schätzungsgrundlagen herangezogen.
Rz. 234
Dabei handelt es sich zum einen um die in Abständen von mehreren Jahren erfolgende Befragung des BVSK Verbandes, dem mit über 900 Mitgliedern etwa 20 % der im Bundesgebiet tätigen Sachverständigen angehören und die im Internet vollständig heruntergeladen werden kann. Die Angaben aus dieser Tabelle in Form des dort genannten Grundhonorars wie auch der Nebenkosten werden von vielen Gerichten als taugliche Schätzungsgrundlage angesehen. Kritisiert wird an ihr allerdings, dass es sich um eine Befragung handelt, deren Zweck offengelegt und den Mitgliedern wohlbekannt ist, die sich durch ihre eigenen, nicht überprüften Angaben die Grundlage für ihre eigene "gerichtsfeste" Abrechnung schaffen. Überprüfungen durch unabhängige Sachverständige haben ergeben, dass in dieser Befragung im Einzelfall ein deutlich überhöhtes Sachverständigenhonorar verfolgt wird. Dies auch häufig unter dem Gesichtspunkt einer "verdeckten Erhöhung" des Grundhonorars durch eine Abrechnung der Nebenkosten, welche sodann nahezu die gleiche Größenordnung wie das Grundhonorar erreichen. Der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung die ersatzfähigen Nebenkosten auf üblicherweise 25 % des Grundhonorars oder pauschal auf 100 EUR zu begrenzen, hat der BGH eine Absage erteilt, da dies einer hinreichend tragfähigen Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO entbehrt.
Rz. 235
Teilweise differenzieren die Gerichte daher auch wie folgt: Das als erforderlich anzusehende Grundhonorar bei den Sachverständigenkosten ist dann anhand der BVSK Befragung zu bestimmen. Diese stellt jedoch keine taugliche Schätzungsgrundlage für die Nebenkosten dar, was revisionsrechtlich vom BGH nicht beanstandet wurde. Dieser Auffassung hat der BVSK Rechnung getragen. Die BVSK-Tabelle 2015 basiert auf einer Befragung, in der erstmalig ein üblicher Nebenkostensatz vorgegeben wurde. Auch die jüngere Rechtsprechung sieht daher die BVSK-Tabelle weiterhin als geeignete Schätzgrundlage an. Teilweise wird hinsichtlich der Nebenkosten auch das JVEG als Grundlage herangezogen, da dieses auf den tatsächlichen Aufwand abstellt, was revisionsrechtlich vom BGH nicht beanstandet wurde. Die Nebenkosten können jedoch auch wie folgt berechnet werden:
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50 EUR für 3 Ausfertigungen des Gutachtens sind nicht zu beanstanden, |
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15 EUR pauschal für Porto und Schreibkosten, |
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Fahrtkosten mit 0,30 EUR pro Kilometer, |
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keine gesonderte Abrechnung weiterer Nebenkosten bzw. |
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0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer, |
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0,50 EUR pro Lichtbild. |
Rz. 236
Diese Kritik hat dazu geführt, dass der BVSK Verband mit Teilen der Versicherungswirtschaft eine Vereinbarung über das als angemessen anzusehende Sachverständigenhonorar erzielt hat, bei der das Honorar auch nach der Schadenshöhe bestimmt wird, jedoch ein Bruttoendbetrag ausgewiesen ist, der nicht durch weitgefasste Nebenkostenabrechnungen erhöht wird. Die aus dieser Verständigung resultierenden Werte werden ebenfalls in der Rechtsprechung als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt. Teilweise wird dieser Vereinbarung jedoch auch entgegengehalten, dass sie für die Sachverständigen nicht verbindlich ist und die Marktgegebenheiten nicht zutreffend widerspiegeln würde.