Dr. Michael Nugel, Sebastian Gutt
Rz. 430
Dass der Schädiger dem Geschädigten auch die durch die außergerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts verursachten Kosten zu erstatten hat, wurde zwar vom BGH früher abgelehnt, ist nunmehr jedoch absolut herrschende Meinung. Dies kann selbst dann gelten, wenn die Gegenseite eine Haftung dem Grunde nach anerkannt hat. Entscheidend für den dabei zu berücksichtigenden Gegenstandswert sind die begründeten Schadensersatzforderungen des Geschädigten.
Rz. 431
Der Anspruch auf Ausgleich der durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts verursachten Kosten gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ebenso wie für alle Schadenspositionen sind auch die Rechtsanwaltskosten am Grundsatz der "Erforderlichkeit" i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu messen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist nicht "erforderlich", wenn geschädigte Betriebe über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die dazu in der Lage ist, einfach gelagerte Schadensfälle selbstständig abzuwickeln. Auch bei einer Privatperson sind bei einem einfach gelagerten Sachverhalt, dem ein sofortiges Anerkenntnis des Versicherers folgt, die durch die sofortige Einschaltung eines Anwalts entstandenen Kosten nicht zu ersetzen. Aus diesem Grund lehnte der BGH den Ausgleich der Anwaltskosten ab, die von einem Autobahnbetriebsamt dafür geltend gemacht wurden, dass ein Rechtsanwalt die von Kraftfahrzeugen u.a. an Leitplanken verursachten Schäden gegenüber deren Haftpflicht-Versicherer geltend machte. Dessen ungeachtet ist aber auch eine wirtschaftlich geführte juristische Person des öffentlichen Rechts berechtigt, sich zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen. Dies gilt auch für das Anspruchsschreiben, in dem die Forderung der Höhe nach beziffert und die Gegenseite aufgefordert wird, insoweit Zahlung zu leisten, es sei denn, es liegt ein dem vom BGH entschiedenen Ausnahmefall vergleichbarer Sachverhalt vor.
Rz. 432
Verfügt allerdings ein Leasingunternehmen über eine eigene Rechtsabteilung, heißt dies nicht, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich ist. Vielmehr kann die Beauftragung allein wegen der leasingunspezifischen Rechtsfragen geboten sein.
Rz. 433
Muster 8.114: Keine Erforderlichkeit der Einschaltung eines Anwalts bei Leasingfirma
Muster 8.114: Keine Erforderlichkeit der Einschaltung eines Anwalts bei Leasingfirma
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist nicht erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB, wenn ein Fahrzeug eines Betriebs beschädigt worden ist, der über eine eigene Abteilung an Mitarbeitern verfügt, die dazu geeignet sind, einfach gelagerte Schadenfälle abzuwickeln (OLG Karlsruhe NJW 1990, 929). Beispielsweise hat auch der BGH die Kosten für einen Rechtsanwalt abgelehnt, den eine Autobahnmeisterei eingeschaltet hat, da bei klarer Haftung ein überschaubarer Sachschaden (Leitplankenschaden) geltend gemacht worden ist (BGH NJW 1995, 446). Dies gilt erst recht, wenn die Haftung dem Grunde und der Höhe nach nicht streitig ist, sondern umgehend anerkannt wird (AG Ingolstadt, SP 2009, 379). Dies gilt auch und gerade für ein Leasingunternehmen, welches über eine eigene Abteilung verfügt, die regelmäßig die Betreuung derartiger Verfahren übernimmt (LG Kiel VersR 2005, 1743; AG Frankfurt zfs 2006, 286). Dies zumindest in einem einfach gelagerten Fall, bei dem die Haftung dem Grunde nach nicht streitig gewesen und eine zügige Regulierung erfolgt ist (AG Eisenach, Urt. v. 11.6.2012 – 54 C 1065/11 – juris; AG Frankfurt zfs 2006, 286; AG Köln SP 1996, 151).
Rz. 434
Verfügt der Leasinggeber (oder ein anderes großes Unternehmen) jedenfalls über eine eigene Rechts- bzw. zumindest eine Fachabteilung, welche regelmäßig die Betreuung derartiger Fälle übernimmt bzw. auch die außergerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche übernehmen könnte, ist die Beauftragung eines externen Rechtsanwalts in einem einfach gelagerten Fall nach einer Ansicht nicht erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB, während nach gegenteiliger Auffassung die Komplexität der Fragen bei der Abwicklung eines Verkehrsunfalls in jedem Fall die Einschaltung eines Anwalts erforderlich werden lässt. Dies gilt zumindest dann, wenn die Haftung dem Grunde nach auf den ersten Blick nicht eindeutig ist.
Rz. 435
Auch bei einem Mietwagenunternehmen ist umstritten, ob aufgrund der Sachkunde des Personals in durchschnittlichen Fällen i.d.R. die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts geboten ist. Grundsätzlich ist jedoch anders zu entscheiden, wenn der angemeldete Schaden nicht unverzüglich vom Versicherer reguliert wird. Auch bei einem einfachen Fall darf der Geschädigte spätestens dann einen Anwalt einschalten, wenn die erste Anmeldung nicht umgehend zu einem Schadensausgleich führt. Dies gilt erst Recht bei den derzeitigen Streitigkeiten über die Erstattungsfähigkeit der Mietwagentarife: Auch ein rechtsunkundiger und nicht über eine Rechtsabteilun...