Rz. 426
Dass der Schädiger dem Geschädigten auch die durch die außergerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts verursachten Kosten zu erstatten hat, wurde zwar vom BGH früher abgelehnt, ist nunmehr jedoch absolut herrschende Meinung. Dies kann selbst dann gelten, wenn die Gegenseite eine Haftung dem Grunde nach anerkannt hat. Entscheidend für den dabei zu berücksichtigenden Gegenstandswert sind die begründeten Schadensersatzforderungen des Geschädigten.
Rz. 427
Der Anspruch auf Ausgleich der durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts verursachten Kosten gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ebenso wie für alle Schadenspositionen sind auch die Rechtsanwaltskosten am Grundsatz der "Erforderlichkeit" i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu messen. Im Ausgangspunkt umfasst der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Dabei sind aber nur die Kosten zu erstatten, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Auch dabei ist gemäß dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen. Es kommt also darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Handelt es sich dabei nicht um einen einfach gelagerten Fall, ist der Geschädigte, gleich ob Privatperson, Behörde oder Unternehmen, ungeachtet etwaiger Erfahrungen und Fachkenntnisse zur eigenen Mühewaltung bei der Schadensabwicklung nicht verpflichtet, so dass bei Privatpersonen i.d.R. von Anfang die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht zu beanstanden ist. Denn die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, stellt jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall dar. Dabei wird zu Recht darauf abgestellt, dass bei einem Fahrzeugschaden die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert wird, die umfangreiche, vielschichtige und teilweise uneinheitliche Rechtsprechung hierzu nach wie vor fortentwickelt wird und dementsprechend zwischen den Geschädigten und den in der Regel hoch spezialisierten Rechtsabteilungen der Haftpflichtversicherer nicht selten um einzelne Beträge – wie auch vorliegend – bis in die letzte Gerichtsinstanz gestritten wird.
Darüber hinaus kann es auch einem mit Schadensabwicklungen vertrauten Unternehmen nicht verwehrt werden, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, sofern nicht zweifelsfrei ist, dass und inwieweit der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners den Schaden regulieren wird. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts, also die Sicht ex ante, so dass i.d.R. auch bei einem großen Leasingunternehmen die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht zu beanstanden ist.
Rz. 428
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Muster 8.105: Erforderlichkeit der Einschaltung eines Anwalts nach einem Verkehrsunfall
Vorliegend war die Einschaltung eines Rechtsanwalts nach dem Verkehrsunfall trotz der einfachen Haftungslage erforderlich und die damit verbundenen Kosten sind als Schadensersatz zu erstatten. Denn wenn es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt, ist der Geschädigte, gleich ob Privatperson, Behörde oder Unternehmen, ungeachtet etwaiger Erfahrungen und Fachkenntnisse zur eigenen Mühewaltung bei der Schadensabwicklung nicht verpflichtet. Insoweit ist zu beachten, dass die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall darstellt (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 – juris). Dabei ist zu beachten, dass bei einem Fahrzeugschaden die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert wird, die umfangreiche, vielschichtige und teilweise uneinheitliche Rechtsprechung hierzu nach wie vor fortentwickelt wird und dementsprechend zwischen den Geschädigten und den in der Regel hoch spezialisierten Rechtsabteilungen der Haftpflichtversicherer nicht selten um einzelne Beträge. Dies gilt insbesondere auch bei den hier betroffenen Schadenspositionen _________________________
Rz. 429
Auch steht es dem Ausgleich der Rechtsanwaltskosten nicht entgegen, dass ein Rechtsanwalt in eigener Sache zur Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens tätig wird. Der Geschädigte muss nicht allein deswegen seine Ansprüche kostenfrei geltend machen, weil er selbst Rechtsanwalt ist. Ihm ist es in der Regel nicht zuzumuten, seine besonderen beruflichen Fähigkeiten in den Dienst des Schädigers zu stellen. Das gilt auch für Verkehrsunfälle. In diesem Fall muss allerdings das Tätigwerden eines Rechtsanwalts "erforderlich" sein. Das kann nicht der ...