Rz. 290

Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen gibt es in der Regel keinen Nutzungsausfall im zuvor beschriebenen Sinne. Während es für Lkw inzwischen eine Berechnungsmethode gibt, ist die Ersatzberechnung bei den übrigen gewerblich genutzten Fahrzeugen schwierig.

 

Rz. 291

Zu der Frage des Nutzungsersatzes gewerblich genutzter Fahrzeuge gilt eine differenzierte Betrachtung (Diehl, Anm. zu KG zfs 1996, 415).

 

Rz. 292

Wird das gewerblich genutzte Fahrzeug unmittelbar zur Erzielung von Einnahmen eingesetzt, z.B. Taxi oder Lkw, ist der Schaden entweder durch Bestimmung der hierauf zurückzuführenden Minderung des Gewerbeertrages oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Kosten zu bestimmen (BGH VersR 2008, 369 = zfs 2008, 267 = r+s 2008, 127 = DAR 2008, 140 = NZV 2008, 192, Rn 6; BGH r+s 2014, 153; BGH v. 6.12.2018 – VII ZR 285/17 – VersR 2019, 368 = zfs 2019, 206; OLG Köln NZV 1997, 311; OLG Düsseldorf NZV 1999, 472).

 

Rz. 293

Fällt dagegen ein nicht unmittelbar der Gewinnerzielung dienendes Fahrzeug aus, wie z.B. ein Direktionswagen, erscheint die Zuerkennung eines Nutzungsausfallschadens zwingend geboten, wenn das geschädigte Unternehmen durch "zeitraubende und lästige Sonderbemühungen" diese Entbehrungen auffängt (KG zfs 1996, 415; Reitenspiess, DAR 1993, 142 ff.). Der BGH hat in seinen Entscheidungen vom 4.12.2007 (BGH VersR 2008, 369 = zfs 2008, 267 = r+s 2008, 127 = DAR 2008, 140 = NZV 2008, 192) und vom 21.1.2014 (VI ZR 366/13 – r+s 2014, 153) auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge eine pauschale Nutzungsausfallentschädigung nicht ausgeschlossen, sondern die Rechtsfrage ausdrücklich offen gelassen, wenn das Fahrzeug nicht unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient (wie z.B. Taxi/Lkw) und in der fehlenden Nutzungsmöglichkeit ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil liegt. Möglichst konkreter Vortrag ist jedoch zur fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung erforderlich. Diese scheidet nach Ansicht des BGH aus, wenn dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde (BGH VersR 2008, 369) oder wenn z.B. bei Ausfall eines VW-Busses lediglich vorgetragen wird, der Geschädigte "habe Aufträge zurückgestellt und einen Gewinnausfall durch vermehrte Anstrengungen kompensiert, indem er seinen zweiten Bus vermehrt eingesetzt und erhebliche zeitaufwendige logistische Anstrengungen unternommen habe, um seinen Betrieb weiterzuführen" (BGH r+s 2014, 153). Dementsprechend bejaht ein zunehmender Teil der Rechtsprechung die Erstattung einer pauschalen Nutzungsausfallentschädigung bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, die nicht unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dienen (OLG Naumburg v. 13.3.08 – 1 U 44/07 – NZV 2008, 464 = NJW 2008, 2511 m. Anm. Berg; dazu Revilla, jurisPR-VerkR 9/2008 Anm. 1; OLG München DAR 2009, 703; OLG Zweibrücken zfs 2015, 141; AG Bremen NZV 2009, 512). So hat z.B. das OLG Zweibrücken (zfs 2015, 141) einem Dachdeckerbetrieb eine Nutzungsausfallentschädigung für ein Fahrzeug zugesprochen, welches als Verkehrsmittel eingesetzt wird, mit dessen Hilfe Orte erreicht werden, an denen ein Gewinn zu erwirtschaften ist. Die teilweise Überlassung eines Ersatzwagens durch die Ehefrau führte als überobligationsmäßige Leistung ausdrücklich nicht zur Versagung der Nutzungsausfallentschädigung. Demgegenüber hat der VII. Zivilsenat des BGH (BGH v. 6.12.2018 – VII ZR 285/17 – VersR 2019, 368 = zfs 2019, 206) eine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung auch bei einem nur mittelbar der Gewinnerzielung dienenden Fahrzeug abgelehnt.

 

Rz. 294

Auch bei Ausfall eines Rettungswagens eines gemeinnützigen Vereins kommt eine pauschale Nutzungsausfallentschädigung in Betracht (OLG Naumburg DAR 2009, 464).

 

Rz. 295

Wird bei einem Verkehrsunfall ein Geschäftswagen beschädigt, den der Berechtigte teils geschäftlich, teils privat nutzt, ist ein Anspruch der geschädigten Gesellschaft gegen den Schädiger auf Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile (Nutzungsausfall) nicht ausgeschlossen (OLG Düsseldorf zfs 2001, 545 mit Anm. Diehl), jedenfalls für den Anteil der privaten Nutzung (OLG Düsseldorf zfs 1993, 338).

 

Rz. 296

Darüber hinausgehend hat das OLG Stuttgart (VersR 2007, 962 = DAR 2007, 33 = NZV 2007, 414) dem Inhaber eines Dentallabors, welcher sich unter Verzicht auf einen Mietwagen überobligationsmäßig hinsichtlich der erforderlichen Fahrten zu Kunden beholfen hatte, trotz gemischter Nutzung insgesamt eine pauschale Nutzungsentschädigung nach der Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch zugesprochen (ebenso OLG Naumburg NZV 2008, 464 bei Verzicht auf kostenintensivere Anmietung eines Ersatzfahrzeugs bei einem ganz oder teilweise gewerblich genutzten Pkw).

 

Rz. 297

 

Tipp

Oft läuft der Wagen des Chefs und dessen Familienangehöriger, aber auch der Wagen führender Angestellter oder Außendienstmitarbeiter als Firmenwagen, die aber mindestens in gleichem Maße geschäftlich wie privat genutzt werden. Soweit auch eine private Nutzung gegeben ist, ohne dass daneben noch ein anderer Privatwagen zur Verfügung steh...

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