Rz. 310
Auch für Krafträder gibt es Nutzungsausfallersatz. Die diesbezügliche Tabelle, die inzwischen auch nach Herstellern und Typen unterscheidet, wird jedoch nicht so oft überarbeitet wie die Pkw-Tabelle. Seit der jahrzehntelang gültigen Tabelle in VersR 1989, 573 ist die von Sanden/Danner/Küppersbusch überarbeite Fassung nun veröffentlicht in DAR 2009, 230 ff. Sie befindet sich aber auch in den von EurotaxSchwacke herausgegebenen jährlich erscheinenden Tabellen (vgl. Literaturempfehlung zu Beginn dieses Kapitels, siehe Rdn 258).
Rz. 311
Allerdings werden Motorräder in der Regel in der Freizeit eingesetzt, dies auch meist nur während der Sommermonate (sollte das im Einzelfall anders sein, muss es dargelegt und ggf. nachgewiesen werden). Aber auch Motorräder, die lediglich zu Freizeitzwecken genutzt werden, sind einer Nutzungsentschädigung zugänglich. Dem Eigentümer eines privat genutzten Fahrzeugs wird immerhin die Möglichkeit der Nutzung genommen. Die Aufwendungen für dieses Fahrzeug, dem während der Zeit der Entziehung der Nutzungsmöglichkeit kein Gegenwert gegenübersteht, sind von der Nutzungsabsicht und der Nutzungsart unabhängig (LG München zfs 1988, 103).
Rz. 312
Streit gibt es stets dann, wenn ein Pkw als Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht, der für den Nutzungsausfallzeitraum genutzt werden könnte. In diesem Fall lehnt der BGH (Urt. v. 13.12.2011 – VI ZA 40/11 – r+s 2012, 151) eine Nutzungsausfallentschädigung ab, weil – anders als beim Pkw – nicht die Mobilität im Vordergrund stünde, sondern vergleichbar einem Hobby ein die Lebensqualität erhöhender Vorteil, der jedoch nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung betrifft und sich damit einer vermögensrechtlichen Bewertung entzieht. Umgekehrt hat der BGH (v. 23.1.2018 – VI ZR 57/17 – VersR 2018, 490 = zfs 2018, 438) inzwischen eine Nutzungsausfallentschädigung ausdrücklich anerkannt, wenn das Motorrad dem Geschädigten als einziges Kfz zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, allerdings ggf. der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, im Rahmen des Nutzungswillens zu berücksichtigen sei.
Allerdings ist der Gebrauchswert eines Motorrades wegen der Art und des Anlasses seines Gebrauches ("just for fun" oder ausschließlich in den Sommermonaten) etwas Grundverschiedenes von der Benutzung eines Pkw und nach anderer Ansicht Nutzungsausfall auch bei Vorhandensein eines Pkw zu ersetzen (OLG Düsseldorf NZV 2008, 460 = DAR 2008, 521 mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Nutzungsmöglichkeit eines "Luxus-Motorrads" nicht der eines als Zweitfahrzeug vorhandenen Pkw entspricht).
Rz. 313
Das ergibt sich auch aus folgender Überlegung: Niemand käme im Rahmen der Schadensregulierung eines Pkw-Schadens auf den Gedanken, nach der Existenz eines Motorrades zu fragen, um damit den Nutzungsausfallanspruch des Pkw-Besitzers im Hinblick auf eine anderweitige Nutzungsmöglichkeit (nämlich die des Motorrades) zu negieren.
Rz. 314
Tipp
Die übliche jährliche Nutzungsdauer eines bestimmten Motorrades in den vergangenen Jahren ist leicht anhand der An- und Abmeldungen im Kfz-Brief (jetzt: Zulassungsbescheinigung Teil II) nachzuweisen. Motorradfahrer sollten daher immer die alten Fahrzeugbriefe kopieren, wenn sie ein Motorrad verkaufen.
Rz. 315
Beim Nutzungsausfall eines Motorrades wird weit häufiger als bei Pkw der Einwand durchgreifen, der Fahrer sei verletzungsbedingt nicht in der Lage gewesen, ein Motorrad zu fahren und es entfalle daher die Nutzungsmöglichkeit. Auch dürfte der Nutzungswille bei bevorstehenden Wintermonaten oft nicht gegeben sein (vgl. BGH v. 23.1.2018 – VI ZR 57/17 – VersR 2018, 490 = zfs 2018, 438). An dieser Stelle muss seitens des Geschädigten stets sehr sorgfältig vorgetragen und ggf. Beweis geführt werden.