Rz. 105
Im Falle eines Totalschadens richtet sich der Wiederbeschaffungszeitraum ebenfalls in erster Linie nach den Angaben in einem Sachverständigengutachten, maximal beträgt er aber etwa drei Wochen (König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 12 StVG Rn 37 unter Hinweis auf OLG Nürnberg VersR 1976, 373). Im Falle einer Abrechnung auf Neuwagenbasis kommt auch ein Ersatz über einen deutlich längeren Zeitraum bis zur Lieferung des Neuwagens in Betracht (OLG Koblenz r+s 2014, 46: im dortigen Fall 66 Tage). Gleichermaßen kann auch im Falle eines bereits vor dem Unfall bestellten Neuwagens oder bei der erforderlichen Ersatzbeschaffung für einen Oldtimer eine Nutzungsausfallentschädigung über mehrere Monate gerechtfertigt sein (OLG Celle DAR 2016, 465).
Rz. 106
Wenn der Wiederbeschaffungszeitraum gleichwohl weiter überschritten worden ist, muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass er trotz aller diesbezüglichen zumutbaren Bemühungen ein gleichwertiges Fahrzeug nicht schneller beschaffen konnte, die Prognose des Sachverständigen bezüglich des Wiederbeschaffungszeitraums also unzutreffend war. Dies kann z.B. der Fall sein, weil der Geschädigte den Kauf eines zunächst beschafften Ersatzfahrzeugs berechtigterweise wegen verschwiegener Mängel rückgängig gemacht und er sich erst dann ein anderes Ersatzfahrzeug beschafft hat; auch insoweit trägt der Schädiger das Risiko der verzögerten Ersatzbeschaffung (LG Saarbrücken zfs 2018, 382).
Rz. 107
Dazu muss er darlegen, welche Bemühungen er unternommen hat, welche Kfz-Händler er aufgesucht hat, welchen Zeitungsinseraten er nachgegangen ist usw. und diese Bemühungen ggf. nachweisen. Auch hier genügt als Beweismittel die Vernehmung des Geschädigten als Beweisführer nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO.
Rz. 108
Dabei ist oft der Nachweis der Gleichwertigkeit des Ersatzfahrzeugs problematisch: Was ist noch als gleichwertig für den Geschädigten zumutbar? Generelle Antworten hierauf gibt es nicht – allein der individuelle Fall ist maßgeblich. Allerdings hat der Geschädigte sicher keinen Anspruch darauf, aufgrund der Beschädigung eines 9 Jahre alten Fahrzeugs mit einer Laufleistung von 133.000 km Nutzungsausfall für den Zeitraum der Beschaffung eines Neuwagens zu erhalten (LG Frankfurt/Oder NJW 2010, 3455).
Rz. 109
Auch hier gilt: Verlängert sich die Wiederbeschaffungsdauer im Totalschadensfall wegen einer verzögerlichen Regulierung des Haftpflichtversicherers und zeigt der Geschädigte an, dass es ihm wegen der unterbliebenen Regulierung nicht möglich sei, den Kaufpreis eines Ersatzfahrzeugs vorzufinanzieren, steht dem Geschädigten bis zur vollständigen Regulierung und damit herbeigeführten Möglichkeit der Ersatzbeschaffung eine Nutzungsausfallentschädigung zu (LG Mühlhausen zfs 2001, 362).