Rz. 539
Fraglich ist, inwieweit noch beim Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherer Differenzgebühren geltend gemacht werden können, wenn zuvor gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer nach einer der neuen Regulierungsempfehlungen abgerechnet wurde (vgl. oben Rdn 522 ff.).
Rz. 540
In diesem Falle ist wie folgt zu differenzieren (die nachfolgenden Ausführungen erfolgen entsprechend der vergleichbaren Rechtslage zu Zeiten der BRAGO bei Anwendung der Regulierungsempfehlung Gebhardt/Greißinger nach Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 12. Auflage, München 1995, Anhang 13 und basieren auf einer Abhandlung von Matzen, AnwBl 1973, 60):
(1) Differenz resultiert aus den unterschiedlichen Gegenstandswerten der Geltendmachung und der Erledigung
Rz. 541
Soweit sich eine Differenz zwischen Abrechnung der gesetzlichen Vergütung und der nach der Regulierungsempfehlung pauschalierten Vergütung daraus ergibt, dass der Gegenstandswert der Geltendmachung höher als der Erledigungswert ist, ist eine Differenzgebühr vom Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherer zu erstatten.
Rz. 542
Beispiel
Es wurden 9.000 EUR geltend gemacht, der gegnerische Haftpflichtversicherer hat 7.000 EUR gezahlt. Ein Vergleich (Abfindung o.Ä.) wurde nicht geschlossen. Die gesetzliche Vergütung beträgt aufgrund umfangreicher und schwieriger Verhandlungen, Besprechungen etc. 1,8 Geschäftsgebühr.
Anwaltskosten gegenüber Haftpflichtversicherer des Schädigers nach Regulierungsempfehlung:
(Gegenstandswert der Erledigung: 7.000 EUR) |
|
1,8 Gebühr gem. Regulierungsempfehlung |
729,00 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % MwSt. gem. Nr. 7008 VV RVG |
142,31 EUR |
Summe |
891,31 EUR |
Gesetzliche Vergütung:
(Gegenstandswert der Geltendmachung: 9.000 EUR) |
|
1,8 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG |
912,60 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % MwSt. gem. Nr. 7008 VV RVG |
177,19 EUR |
Summe |
1.109,79 EUR |
Der Anwalt kann gegenüber seinem Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherer die Differenz i.H.v. 1.109.79 EUR abzgl. 891,31 EUR = 218,48 EUR geltend machen.
(2) Differenz resultiert aus den unterschiedlichen Gebührensätzen der gesetzlichen und der pauschalierten Vergütung
Rz. 543
Soweit eine Gebührendifferenz zwischen gesetzlicher Vergütung und der nach der Regulierungsempfehlung pauschalierten Regulierung darauf zurückzuführen ist, dass die vom Schädiger nach der Regulierungsempfehlung ersetzten Anwaltsgebühren (z.B. 1,8) ihrer Art nach oder vom Gebührensatz geringer sind als die nach dem Gesetz gegenüber dem Mandanten entstandenen Gebühren, kann der Anwalt diese Differenz nicht geltend machen. Dies liegt daran, dass Sinn der Regulierungsempfehlung gerade die Vermeidung des Streits ist, welche Gebühren konkret unter Zugrundelegung welchen Gebührensatzes entstanden sind. Wird die Regulierungsempfehlung angewandt, wirkt sie insoweit auch zugunsten des Mandanten.
Rz. 544
Beispiel
Es wurden 9.000 EUR geltend gemacht, der gegnerische Haftpflichtversicherer hat aufgrund eines Vergleichs 7.000 EUR gezahlt. Die gesetzliche Vergütung beträgt 1,3 Geschäftsgebühr sowie 1,5 Einigungsgebühr.
Anwaltskosten gegenüber Haftpflichtversicherer des Schädigers nach Regulierungsempfehlung:
(Gegenstandswert der Erledigung: 7.000 EUR) |
|
1,8 Gebühr gem. Regulierungsempfehlung |
729,00 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % MwSt. gem. Nr. 7008 VV RVG |
142,31 EUR |
Summe |
891,31 EUR |
Gesetzliche Vergütung:
(Gegenstandswert der Geltendmachung: 9.000 EUR) |
|
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG |
659,10 EUR |
1,5 Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG |
760,50 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % MwSt. gem. Nr. 7008 VV RVG |
273,52 EUR |
Summe |
1.713,12 EUR |
Der Anwalt kann gegenüber seinem Mandanten nur die aufgrund des höheren Gegenstandswertes (9.000 EUR statt 7.000 EUR) höhere Gebühr geltend machen, nicht jedoch aufgrund des höheren Gebührensatzes (2,8 statt 1,8). Das bedeutet, dass er lediglich eine 1,8 Gebühr (pauschaliert) aus einem Wert von 9.000 EUR (Geltendmachung) berechnen darf. Im Ergebnis ergibt sich daher folgende Differenzgebühr:
(Gegenstandswert des Auftrags: 9.000 EUR) |
|
1,8 Gebühr gem. Gebührenempfehlung |
912,60 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % MwSt. gem. Nr. 7008 VV RVG |
177,19 EUR |
Summe |
1.109,79 EUR |
abzüglich Kostenerstattung Haftpflichtversicherer |
891,31 EUR |
Differenzgebühr Mandant/Rechtsschutzversicherer |
218,48 EUR |
Rz. 545
Ist bei Zugrundelegung der gesetzlichen Vergütung ein geringerer Gebührensatz entstanden als bei der Abrechnung nach der Regulierungsempfehlung, ist bei der Berechnung der Differenzgebühren lediglich vom gesetzlichen Gebührensatz (aber nach dem Wert der Geltendmachung) auszugehen. Hierbei wird häufig keine abrechenbare Differenzgebühr verbleiben, weil die aufgrund des höheren Gegenstandswertes entstehende Differenz vollständig von den aufgrund des höheren Gebührensatzes höheren erstatteten Gebühren aufgezehrt wird.
Rz. 546
Beispiel
Es wurden 9.000 EUR geltend gemacht, der gegnerische Haftpflichtversicherer hat 7.000 EUR gezahlt. Ein Vergleich (Abfindung o.Ä.) wurde nicht geschlossen. Die gesetzliche Vergütung beträgt 1,3 Geschäftsgebühr.
Anwaltskosten gegenüber Haftpflichtver...