Rz. 207
Der Geschädigte darf grundsätzlich ein Fahrzeug gleichen Typs anmieten (BGH NJW 1982, 519). Er braucht sich auch seit der Kündigung des ehemaligen "Mietwagenabkommens" nicht auf "niedrigere Fahrzeugklassen" o.Ä. verweisen zu lassen. Hierbei kommt es allein auf die Typklasse an, sodass die Kosten für die Anmietung eines Luxus-Sportcabrios anstelle einer beschädigten Luxuslimousine (in derselben Typklasse) als wirtschaftlich gleichwertig zu erstatten sind (KG VersR 2020, 46).
Rz. 208
Allerdings wird nach der Rechtsprechung in der Regel ein Abzug für ersparte Eigenkosten vorgenommen, also Ersparnisse dafür, dass das unfallbeschädigte Fahrzeug während der Reparatur bzw. des Wiederbeschaffungszeitraumes gewisse Kosten nicht verursacht, z.B. während dieser Zeit keiner Abnutzung unterliegt, keine Pflegekosten und kein Ölverbrauch entstehen und sich die Lebensdauer des Fahrzeugs um die reparaturbedingte Standzeit verlängert.
Rz. 209
Das gilt grundsätzlich sogar dann, wenn der Geschädigte freiwillig ein Fahrzeug einer niedrigeren Klasse anmietet (OLG Karlsruhe VersR 1980, 636 und DAR 1990, 20 f.; OLG Koblenz zfs 1989, 48; OLG Hamm NZV 1993, 189 f.; OLG Hamm NZV 1999, 379). Nach ständiger Praxis der meisten Obergerichte entfällt ein Abzug für ersparte Eigenkosten auch nicht schon deshalb, weil der Geschädigte sich ein andersartiges oder leistungsschwächeres Fahrzeug als Mietwagen genommen hat (OLG Düsseldorf DAR 1998, 103).
Rz. 210
Allerdings geht die Rechtsprechung zunehmend dazu über, bei Anmietung eines klasseniedrigeren Fahrzeugs auf den Abzug ersparter Eigenbetriebskosten zu verzichten (OLG Celle VersR 1994, 741; NJW-RR 2012, 802; OLG Nürnberg VersR 1995, 675; OLG Frankfurt VersR 1996, 211; OLG Hamm VersR 1999, 769; OLG Stuttgart VersR 2009, 1680). Ein solcher Abzug sei in derartigen Fällen unbillig. Die Vorteilsausgleichung, die eine ausgewogene Schadensersatzregelung bewirken soll, habe nämlich zur Voraussetzung, dass der Schädiger durch sie nicht unbillig entlastet wird. Das wäre aber der Fall, wenn der Geschädigte, obwohl er nach den Grundsätzen des vollen Schadensausgleichs für die Reparatur- oder Wiederbeschaffungsdauer ein gleichwertiges Mietfahrzeug beanspruchen kann, seine Ansprüche an Komfort, Leistung und Repräsentation zurückschraubt und sich mit einem klasseniedrigeren Mietfahrzeug bescheidet, gleichwohl aber einen Abzug wegen ersparter Eigenkosten hinnehmen müsste (vgl. Schneider, in: Berz/Burmann, Kap. 5 C Rn 51). Zur Begründung verweist die Rechtsprechung ferner zutreffend auf die jahrzehntelang geübte Praxis der Versicherer, bei Anmietung eines klassetieferen Fahrzeugs auf den Abzug für ersparte Eigenkosten zu verzichten, weshalb sich diese Auffassung in Kraftfahrerkreisen nun so verbreitet habe, dass von einem widersprüchlichen Verhalten der Versicherer gesprochen werden müsse, wenn sie das jetzt nicht mehr gelten lassen wollten. Der BGH hat zwischenzeitlich ausdrücklich diese obergerichtliche Rechtsprechung als im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO liegend gebilligt (BGH v. 5.3.2013 – VI ZR 245/11 – VersR 2013, 730 = DAR 2013, 378).
Rz. 211
Jedenfalls dann, wenn ein deutlich geringerwertiges Fahrzeug angemietet wird, kann der Abzug für ersparte Eigenkosten gänzlich entfallen (BGH NJW 1985, 2639 und VersR 1994, 741; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 984 bei Anmietung eines zwei Preisklassen niedrigeren Fahrzeugs; OLG Nürnberg NZV 1994, 357 bei Anmietung eines vier Klassen niedrigeren Fahrzeugs). Einen Anspruch auf Ersatz des Ausgleiches zu der Rangklasse seines geschädigten Fahrzeugtyps hat er aber in keinem Falle (OLG Frankfurt VersR 1978, 1044).
Rz. 212
Die vom Geschädigten ersparten Eigenkosten können wahlweise mit Hilfe der ADAC-Tabellen (in "Autokosten und Steuern") konkret berechnet werden oder pauschal mit einem bestimmten Prozentsatz der Mietwagenkosten (OLG Düsseldorf DAR 1998, 103). Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der BGH der konkreten Berechnungsmethode den Vorzug gibt (BGH NJW 1969, 1477).
Rz. 213
Die Mietwagenrechnung wird also nahezu immer um den Abzug für ersparte Eigenkosten gekürzt und demzufolge vom gegnerischen Versicherer nicht vollständig übernommen. Die Höhe des Pauschal-Abzuges schwankt von Gericht zu Gericht zwischen:
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15 % (KG zfs 1988, 171 = NZV 1988, 23; OLG Nürnberg NZV 1994, 106; OLG Hamm SP 1993, 83; OLG Köln NJW-RR 1993, 913; OLG Hamm VersR 1996, 1358; KG NZV 2005, 46; LG Berlin NZV 2004, 635) |
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10 % (OLG Düsseldorf zfs 1997, 53; OLG Düsseldorf DAR 1998, 103; OLG Hamm r+s 1998, 106; OLG Hamm DAR 2000, 405; NZV 2001, 217; LG Oldenburg zfs 1994, 244; LG Baden-Baden zfs 2003, 16), vom BGH (VersR 2010, 545 = zfs 2010, 381) ausdrücklich als im tatrichterlichen Ermessen gem. § 287 ZPO liegend gebilligt |
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7 % (AG Lüdinghausen zfs 1998, 14) |
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5 % (OLG Düsseldorf DAR 2019, 328; OLG Düsseldorf DAR 1998, 103; LG Freiburg DAR 1994, 404 f.; AG Brühl zfs 1998, 380; AG Rosenheim DAR 1994, 37) |
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4 % (OLG Köln NZV 2014, 314; LG Baden-Baden zfs 2001, 18) |
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3 % (O... |