Rz. 558

Für das Beschaffen der Ermittlungsakte im Auftrage des Versicherers wird unverändert ein Pauschalhonorar von 26 EUR, für den ergänzenden Aktenauszug von 13 EUR zugrunde gelegt. Hinzu kommen die Fotokopierkosten, die von den Behörden erhobene Auslagenpauschale für die Aktenversendung (in der Regel 12 EUR) und die Mehrwertsteuer (auch auf die Aktenversendungspauschale aufgrund der Weiterberechnung durch den Anwalt, vgl. BGH VersR 2011, 877 = zfs 2011, 402). Die Auslagen für Post und Telekommunikation sind hingegen bereits in der Pauschalgebühr von 26 EUR enthalten, sodass die Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG nicht gesondert zu berechnen ist.

 

Rz. 559

In letzter Zeit gibt es vermehrt Streit mit den Versicherern, wenn der Anwalt für sich und seine Aktenbearbeitung – sozusagen rein vorsorglich (vgl. § 1 Rdn 348 ff.) – die Ermittlungsakte angefordert hat und nun die dafür entstandenen Fotokopierkosten und vor allen Dingen die Auslagenpauschale der Behörden ersetzt werden sollen. Die Versicherer wenden dann stets einen vom Geschädigten zu vertretenden Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht ein.

 

Rz. 560

Dieses Argument der Versicherer kann keinen Bestand haben. Auch ein Anwalt verfügt über keine hellseherische Fähigkeit in Bezug auf das zukünftige Regulierungsverhalten der Assekuranz in dem zu bearbeitenden Fall. Es gilt als "anwaltlicher Kunstfehler", zunächst das Regulierungsverhalten abzuwarten und sich erforderlichenfalls erst dann um die Ermittlungsakte zu bemühen, wenn dies wegen der Einwände der Versicherer doch noch erforderlich wird. Dadurch geht viel Zeit verloren, was vermeidbar ist, und das nicht im – allein im Vordergrund stehenden – Interesse des Geschädigten. Zu diesem erheblichen Verzögerungsrisiko steht die Vermeidung der verhältnismäßig geringen Kosten der Akteneinsicht in keinem ansatzweise vernünftigen Verhältnis.

 

Rz. 561

Außerdem verzögern manche Versicherer die Schadenregulierung ganz bewusst, sogar in eindeutigen und klaren Fällen, mit dem Hinweis darauf, sie benötigten erst die Ermittlungsakte, bevor sie etwas zur Frage der Schadenshöhe und der Regulierung sagen könnten. Sie wissen nämlich, dass die Ermittlungsakte oft erst in zwei bis drei Monaten vorliegt. Wenn sie dann einmal ausnahmsweise ohne das Vorliegen der Ermittlungsakte sogleich reguliert, kann sich die Assekuranz nicht auf einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht berufen.

 

Rz. 562

Vgl. zu diesem Problemkreis: AG Freising MittBl 1999, 52; AG Gießen v. 10.8.2018 – 41 C 179/18; AG Gießen v. 15.11.2013 – 43 C 336/11.

 

Rz. 563

Dem Versicherer steht nach Prozessende kein Anspruch auf Erstattung der für die Akteneinsicht gezahlten Gebühren zu. Erstattbar sind nur die zur zweckgerichteten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der sie aufwendenden Partei. Nicht darunter fallen jedoch die Kosten, die der KH-Versicherer vorprozessual für Ermittlungsaktenauszüge (gleichfalls auch für Arztatteste) verwandt hat, mit denen er sich lediglich über seine Erfolgsaussichten in einem späteren Prozess unterrichten wollte (LG Bielefeld MittBl 2001, 77).

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