(1) Allgemeines
Rz. 51
Im Ertragswertverfahren (§§ 184–188 BewG) sind zu bewerten Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, § 182 Abs. 3 BewG. Es handelt sich mithin um typische Renditeobjekte. Im Ertragswertverfahren wird der Grundbesitzwert (Ertragswert) aus der Summe von Bodenwert und Gebäudewert (Gebäudeertragswert) gebildet, § 184 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BewG.
(2) Bodenwert
Rz. 52
Der Bodenwert ist im Ertragswertverfahren und im Sachwertverfahren (siehe Rdn 70>) wie bei einem unbebauten Grundstück nach Maßgabe des § 179 BewG zu ermitteln (siehe Rdn 23>), § 184 Abs. 2 BewG. Dies bedeutet, dass es (unabhängig von der vorhandenen Bebauung) auch hier zu Abweichungen bzw. Anpassungen von Bodenrichtwerten (siehe Rdn 26 ff.>) kommen kann.
(3) Gebäudewert
(a) Allgemeines
Rz. 53
Der Gebäudewert bzw. Gebäudeertragswert gem. § 185 BewG wird grundsätzlich durch die Kapitalisierung des nachhaltig für die Restnutzungsdauer erzielbaren Reinertrags ermittelt. Bei einem negativen Gebäudeertragswert ist mindestens der Bodenwert anzusetzen, § 184 Abs. 3 S. 2 BewG. Sonstige bauliche Anlagen, insbesondere Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes abgegolten, § 184 Abs. 3 S. 3 BewG. Sonstige besondere wertbeeinflussende Umstände werden im Rahmen dieser typisierenden Wertermittlung nicht gesondert ermittelt oder angesetzt. In Betracht kommen wohnungs- und mietrechtliche Bindungen sowie Abweichungen vom normalen baulichen Zustand. Der entsprechende Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist gem. § 198 BewG (siehe Rdn 97 ff.>) zu erbringen.
Rz. 54
Die Ermittlung des Gebäudeertragswerts stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
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Der Rohertrag, vermindert um die Bewirtschaftungskosten, ergibt den Reinertrag. |
▪ |
Dieser sodann um die Bodenwertverzinsung zu reduzierende Reinertrag ergibt den Gebäudereinertrag. |
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Der Gebäudereinertrag, multipliziert mit dem an der Restnutzungsdauer orientierten Vervielfältiger, ergibt den Gebäudeertragswert bzw. den Gebäudewert. |
(b) Rohertrag
Rz. 55
Rohertrag ist gem. § 186 Abs. 1 S. 1 BewG das Entgelt, das für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist. Etwaige Mietrückstände spielen dabei keine Rolle. Gleiches gilt für Wertsicherungsklauseln und künftige Staffelmieterhöhungen. Mieteinnahmen für Stellplätze und für Nebengebäude (z.B. Garagen) sind in den Rohertrag miteinzubeziehen. Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, sind nicht anzusetzen, § 186 Abs. 1 S. 2 BewG. Es handelt sich beim Rohertrag mithin um die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete.
Rz. 56
Ist das Grundstück oder sind Grundstücksteile (z.B. eine Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus) zum Bewertungsstichtag eigengenutzt, ungenutzt, nur zu vorübergehendem Gebrauch (z.B. als Ferienwohnung) oder unentgeltlich überlassen, ist die übliche Miete zu ermitteln bzw. anzusetzen, § 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BewG. Gleiches gilt, wenn die vereinbarte Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht, § 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BewG. Die Finanzverwaltung nimmt insbesondere bei Wohnraumüberlassung an nahe Angehörige (siehe § 14 Rdn 1 ff.>) eine entsprechende Prüfung vor.
Rz. 57
Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, wobei Betriebskosten nicht einzubeziehen sind, § 186 Abs. 2 S. 2, 3 BewG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann die übliche Miete aus Vergleichsmieten oder (einem zum Stichtag gültigen) Mietspiegel abgeleitet, mit Hilfe einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) geschätzt oder durch ein Mietgutachten ermittelt werden.
(c) Bewirtschaftungskosten
Rz. 58
Im Hinblick auf § 185 Abs. 1 S. 2 BewG sind vom Rohertrag die Bewirtschaftungskosten i.S.d. § 187 BewG abzuziehen. Dabei handelt es sich um die bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Die Betriebskosten bleiben unberücksichtigt, soweit sie im Rahmen des Mietverhältnisses auf den Mieter umgelegt werden.
Rz. 59
Maßgebend sind nicht die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten des Bewertungsobjekts, sondern diejenigen nach den Erfahrungssätzen der Gutachterausschüsse, § 187 Abs. 2 S. 1 BewG. Liegen – wie regelmäßig der Fall – entsprechende Erfahrungssätze nicht vor, ist von den pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zum BewG auszugehen, § 187 Abs. 2 S. 2 BewG. Danach gilt: je kürzer die Restnutzdauer (gem. Anlage 22 zum BewG) der Immobilie, desto höher die Bewirtschaftungskosten.
(d) Bodenwertverzinsung
Rz. 60
Der Reinertrag (= Rohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten), vermindert um die Bodenwertverzinsung, ergibt den Gebäudereinertrag, § 185 Abs. 2 S. 1 BewG. Diese Reduzierung des Reinertrags um die Verzinsung des...