1. Allgemeines
Rz. 81
Bewertungsrechtliche Sonderfälle sind insbesondere die
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Bewertung in Erbbaurechtsfällen (§§ 192–194 BewG) |
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Bewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden (§ 195 BewG) |
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Bewertung eines Gebäudes und Gebäudeteils für den Zivilschutz (§ 197 BewG). |
2. Bewertung in Erbbaurechtsfällen
a) Allgemeines
Rz. 82
Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, sind die Werte für die wirtschaftliche Einheit Erbbaurecht nach § 193 BewG und für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks nach § 194 BewG gesondert zu ermitteln, § 192 S. 1 BewG. Diese gesonderte Ermittlung ist der Tatsache geschuldet, dass Erbbaurecht und Eigentum am Grundstück regelmäßig auseinanderfallen.
Mit der Bewertung des Erbbaurechts ist die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses (wertmindernd) und mit der Bewertung des Erbbaurechtsgrundstücks ist das Recht auf den Erbbauzins (erwerbserhöhend) abgegolten, § 192 S. 2 Hs. 1 BewG. Die hiernach ermittelten Grundbesitzwerte dürfen gem. § 192 S. 2 Hs. 2 BewG nicht weniger als 0 EUR betragen.
b) Bewertung des Erbbaurechts
Rz. 83
Der Wert des Erbbaurechts ist im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG (siehe Rdn 45 ff.>) zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Erbbaurecht Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen, § 193 Abs. 1 BewG. Entsprechende Vergleichsdaten werden in Praxis regelmäßig nicht zur Verfügung stehen, da es sich bei den Vergleichsobjekten um Objekte derselben Grundstücksarten und vergleichbaren Vereinbarungen, insbesondere zum Erbbauzins und zu den Laufzeiten, handeln müsste. Sofern das Vergleichswertverfahren aus den genannten Gründen nicht greift, ist das finanzmathematische Verfahren gem. § 193 Abs. 2–5 BewG anzuwenden. Dabei wird der Wert eines Erbbaurechts aus dessen Bodenwertanteil und Gebäudewertanteil ermittelt.
Rz. 84
Im Rahmen des Gebäudewertanteils, der grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren (siehe Rdn 51 ff.>) bzw. Sachwertverfahren (siehe Rdn 66 ff.>) zu ermittelten ist, ist die Entschädigungsverpflichtung des Grundstückseigentümers gegenüber dem Erbbauberechtigten für das Bauwerk i.S.d. § 27 ErbbauRG zu berücksichtigen. Hat der Grundstückseigentümer etwa nur eine teilweise Entschädigung (z.B. 75 % des Verkehrswerts des Gebäudes) zu leisten, ist dies im Rahmen der Bewertung des Erbbaurechts wertmindernd zu berücksichtigten.
c) Bewertung des Erbbaugrundstücks
Rz. 85
Wie bei der Besteuerung des Erbbaurechts (siehe Rdn 82>) ist gem. § 194 Abs. 1 BewG der Wert des Erbbaugrundstücks im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG (siehe Rdn 45 ff.>) zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Grundstück Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen. Auch hier werden Vergleichsdaten in der Praxis regelmäßig nicht zur Verfügung stehen, da hinsichtlich der Vergleichsobjekte die Grundstücksart und die Vereinbarungen, insbesondere zum Erbbauzins und zu den Laufzeiten, belastbare Ähnlichkeiten aufweisen müssten.
Rz. 86
Gemäß § 194 Abs. 2 BewG ist subsidiär nach dem Vergleichswertverfahren der Wert des Erbbaugrundstücks nach dem Bodenwertanteil (§ 194 Abs. 3 BewG) und ggf. dem Gebäudewertanteil (§ 194 Abs. 4 BewG) zu bestimmen. Beim Bodenwertanteil handelt es sich um die Summe des abgezinsten Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks zuzüglich der kapitalisierten Zinsen, die auf die Restlaufzeit des Erbbaurechts fallen, § 194 Abs. 4 BewG.
Rz. 87
Wie im Rahmen der Bewertung des Erbbaurechts auch (siehe Rdn 84>) ist die Entschädigungsverpflichtung i.S.d. § 27 ErbbauRG zu berücksichtigen. Sofern der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten nach Zeitablauf des Erbbaurechts für das Bauwerk nach den erbbaurechtsvertraglichen Bestimmungen nicht oder nur teilweise (z.B. 75 % des Verkehrswerts des Gebäudes) zu entschädigen hat, kommt dieser Gebäudewertanteil im Rahmen der Bewertung des Erbbaugrundstücks werterhöhend hinzu. Allerdings wird in der Praxis der Eigentümer des Erbbaugrundstücks nicht über die zur Bewertung des Gebäudewertanteils nach § 194 Abs. 4 BewG benötigten Daten verfügen. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Erbbauverhältnis zur Auskunft.
3. Bewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden
Rz. 88
Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden im steuerlichen Sinne liegt dann vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grunds und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und ihm das Gebäude steuerlich zuzurechnen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Gebäude Scheinbestandteil i.S.d. § 95 BGB ist. Sofern dem Nutzungsberechtigten des Gebäudes für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grunds und Bodens ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes (aus einer vertraglichen Vereinbarung oder gesetzlich) zusteht, ist bewertungsrechtlich von einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden auszugehen.
Rz. 89
Zur Bewertung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden werden gem. § 195 Abs. 1 BewG die Werte für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes (§ 195 Abs. 2 BewG) und die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (§ 195 Abs. 3...