Isabelle Losch, Walter Krug
Rz. 30
Eine freie Willensbildung ist nicht mehr möglich, wenn infolge der Geistesstörung der Wille durch Einflüsse Dritter übermäßig beherrscht wird. Anhaltspunkte für eine Beeinflussung Dritter sind häufig tatsächlicher Natur, wie zum Beispiel die Errichtung mehrerer Verfügungen mit unterschiedlichen Inhalten in kürzester Zeit, wobei ein Besuch des Begünstigten und/oder eine Beratung durch einen Fachmann im Auftrag der Begünstigten zeitnah erfolgten. Unterbindung von Informationsmöglichkeiten, gezielte Falschinformationen, die Anwesenheit im Rahmen der Beurkundung durch die potentiellen Erben sowie die Androhung der Unterlassung lebenswichtiger Pflegeleistungen oder unterstützenden Pflegemaßnahmen, falls eine entsprechende Erbeinsetzung nicht erfolgen sollte, können weitere Indizien hierfür sein. Ebenfalls kann die Hingabe unverhältnismäßig großer Geschenke aus Dankbarkeit, obwohl dies bis dato nicht den Gewohnheiten des Erblassers entsprach, ein solches Indiz sein.
Rz. 31
Der Einfluss Dritter ist in sogenannten psychosoziologischen Konstellationen besonders einfach möglich:
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Abhängigkeit des Erkrankten, insbesondere in Pflegesituationen oder sonstigen unterstützenden Maßnahmen |
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Isolation des Betroffenen, insbesondere fehlender Zugang von ungefilterter Informationen Dritter und lediglich Vorhandensein einer bestimmten Bezugsperson |
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Familiäre Konflikte |
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Pseudofamiliäre Beziehungskonstellationen (Pflegepersonal). |
Es muss somit zunächst die entsprechende Erkrankung bzw. Störung nachgewiesen werden. Sodann muss ermittelt werden, ob der Wille durch Einflüsse Dritter übermäßig beherrscht wird. Entsprechende Erkrankungen bzw. Störungen können insbesondere die folgenden sein: Schwerwiegende kognitive Störungen, Apathie, schwere Depressionen, Geistesschwäche (Minderbegabung), Analphabetismus, Delir sowie eine hochgradige Einschränkung der Seh- und/oder Hörfähigkeit.
Rz. 32
Von einer Einflussnahme Dritter ist jedoch die neutrale Beratung durch einen Rechtsanwalt zu unterscheiden, der im Rahmen des Gesprächs auch wesentliche Alternativen erörtert, auch betreffend finanzielle, steuerrechtliche und rechtliche Auswirkungen. Der Erblasser muss die Tragweite seiner Entscheidung für die Erben einschätzen können. Daran ändert sich auch nichts, wenn er die Anregungen eines Dritten wahrnimmt und diese sodann kraft eigenen Entschlusses im Rahmen der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung von Todes wegen zu Papier bringt.