Isabelle Losch, Walter Krug
1. Testierfähigkeit
a) Allgemeine Voraussetzungen
Rz. 15
Im Prinzip kann jede natürliche Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, ein Testament errichten (§ 2229 Abs. 1 BGB). Hierfür muss sie selbstbestimmt handeln und eigenverantwortliche Entscheidungen treffen können und die Vorstellung haben, ein Testament mit einem bestimmten Inhalt errichten zu wollen. Errichtet der Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres ein Testament, so ist dieses nichtig. Der Mangel wird auch nicht mit Vollendung des 16. Lebensjahrs geheilt, so dass der Minderjährige neu testieren muss. Der Minderjährige ist jedoch im Wie der Testamentserrichtung beschränkt. Gemäß § 2233 Abs. 1 BGB darf der Minderjährige einzig und alleine in Form eines öffentlichen Testamentes, einer Erklärung gegenüber dem Notar oder der Überreichung einer offenen Schrift testieren. Dies führt wiederum zu einer Begründung eines Kostentatbestandes, so dass es sich bei diesem Geschäft um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft handelt. Geschützt wird durch dieses Erfordernis somit nicht der Minderjährige, sondern dessen gesetzliche Erben, da der Notar dem Minderjährigen die Folgen seiner Verfügung aufzeigen kann. Ebenfalls darf der Minderjährige gem. § 2249 Abs. 1 BGB ein Bürgermeistertestament errichten. Denn der Bürgermeister hat wie der Notar aufzuklären und zu belehren. Er ersetzt somit den Notar. Die Errichtung eines Drei-Zeugen-Testaments gem. § 2250 Abs. 3 BGB ist nicht möglich, da die Belehrungs- und Prüfpflicht des Notars den Zeugen nicht obliegen.
b) Erbvertrag
Rz. 16
Einen Erbvertrag kann jedoch nur derjenige schließen, der darüber hinaus unbeschränkt geschäftsfähig ist und zusätzlich das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2275 Abs. 1 BGB). Mit Wirkung vom 22.7.2017 wurde der § 2275 Abs. 2 BGB aufgehoben, so dass es dem Minderjährigen nicht mehr möglich ist, mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter einen Erbvertrag zu schließen. Sinn und Zweck dieser Gesetzesänderung ist es, den Minderjährigen von der erheblichen Bindung des Erbvertrages zu schützen. Ein dennoch errichteter Erbvertrag ist gem. § 105 BGB nichtig. Dem Minderjährigen ist es jedoch nach wie vor möglich mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter als Vertragsgegner einen Erbvertrag zu schließen, wenn dieser für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Ein lediglich rechtlicher Vorteil ist jedoch bereits dann nicht mehr gegeben, wenn der Minderjährige als Vertragspartner im Gegenzug zu seiner Einsetzung Verpflichtungen wie Unterhalt oder Pflege übernimmt (vgl. § 2295 BGB).
Rz. 17
Ebenfalls wurde mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen § 2275 Abs. 3 BGB aufgehoben, der die Möglichkeit der Schließung eines Erbvertrages eines minderjährigen Ehegatten bzw. Verlobten mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter ermöglichte. Verträge, die vor der Änderung des Gesetzes geschlossen wurden, dürfen jedoch fortbestehen.
c) Ehegattentestament
Rz. 18
Ehegatten können ein gemeinschaftliches Testament nur dann wirksam errichten, wenn beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Errichtung testierfähig waren (dasselbe gilt für eingetragene Lebenspartner gem. § 10 Abs. 4 LPartG). Ist ein Ehegatte testierunfähig gewesen, scheidet die Bindungswirkung gem. § 2270 Abs. 1 BGB aus. Eine Umdeutung dieses gemeinschaftlichen Testaments in ein Einzeltestament ist möglich, wenn die Voraussetzungen für die Errichtung eines Testaments gem. § 2247 Abs. 1 BGB vorliegen, selbst wenn die Verfügung von Todes wegen wechselbezüglich gem. § 2270 BGB ist. Von Bedeutung ist einzig und alleine, ob der Erblasser die Verfügung von Todes wegen auch in Kenntnis der fehlenden bzw. unwirksamen Verfügung seines Ehegatten getroffen hätte.
d) Schreibunfähige
Rz. 19
Schreibunfähige können wie Minderjährige gem. § 2233 Abs. 2 BGB nur ein öffentliches Testament errichten.
e) Mehrfachbehinderung
Rz. 20
Zur Testiermöglichkeit von Personen mit Mehrfachbehinderungen vgl. die Ausführungen in § 5 Rdn 22 ff.. Eine Testierunfähigkeit geht mit einer rein körperlichen Mehrfachbehinderung in der Regel nicht einher.
2. Testierunfähigkeit
Rz. 21
Das Gesetz unterscheidet gem. § 2229 Abs. 4 BGB drei Arten von Testierunfähigkeit:
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die krankhafte Störung der Geistestätigkeit |
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die Geistesschwäche |
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die Bewusstseinsstörung. |
Der Jurist spricht in diesen Fällen von der krankhaften Störung der Geistestätigkeit, der Geistesschwäche und der Bewusstseinsstörung; der psychiatrische Sachverständige benennt hierzu die zugrunde liegende Erkrankung, das Syndrom bzw. eine sonstige Störung. Die juristischen und medizinischen Begrifflichkeiten sind somit nicht ko...