1. Grundsätzliches
Rz. 22
Soweit es nicht um die Nachfolge in ein Einzelunternehmen, sondern in eine Gesellschafterstellung geht, sind neben erb- und steuerrechtlichen Aspekten auch gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu beachten. In diesem Zusammenhang gilt die eherne Grundregel: Gesellschaftsrecht geht vor Erbrecht!
Gerade im Bereich der Personengesellschaften bestimmen demzufolge die maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Regelungen darüber, ob und inwieweit der Gesellschaftsanteil überhaupt vererblich ist. Vor diesem Hintergrund ist eine genaue Abstimmung des Unternehmertestaments auf die gesellschaftsrechtliche Situation bzw. den konkreten Gesellschaftsvertrag unabdingbar.
Rz. 23
Sieht beispielsweise bei einer Personengesellschaft der Gesellschaftsvertrag vor, dass nur "diejenigen Abkömmlinge Nachfolger in der Gesellschaft werden können, die auch Erben werden", kann nicht mit einem Berliner Testament gearbeitet werden. Denn die Ehefrau des Unternehmers kann den Anteil nicht erhalten, da sie kein Abkömmling ist. Wird sie als Erbin eingesetzt, rückt sie nicht in die Gesellschaft nach. Vielmehr wächst der Anteil den Mitgesellschaftern an und ist für die Familie verloren, wenn die anderen Gesellschafter kein Einsehen haben und ersatzweise ein Kind in die Gesellschaft aufnehmen.
Rz. 24
Bei Personengesellschaften gilt es also immer zunächst zu prüfen, ob bzw. an wen die Gesellschafterstellung überhaupt vererbt werden kann. Bei Kapitalgesellschaftsbeteiligungen ist die grundsätzliche Vererblichkeit zwar zwingend vorgegeben. Nichtsdestotrotz kann durch sog. Einziehungs- bzw. Abtretungsklauseln (vgl. unten Rdn 50 f.) das durch den Erbfall zunächst eintretende Ergebnis wieder in Frage gestellt werden. Aus diesem Grund ist auch hier stets eine genaue Prüfung des entsprechenden Gesellschaftsvertrages angezeigt.
2. Einzelunternehmen
Rz. 25
Das Vermögen des Erblassers geht nach § 1922 BGB insgesamt im Wege des Vonselbsterwerbs auf den oder die Erben über. Dabei wird zwischen privatem und unternehmerischem Vermögen nicht differenziert. Somit sind also auch Einzelunternehmen grundsätzlich vererblich.
Zum Nachlass des Verstorbenen gehören sämtliche dem Unternehmen zuzurechnenden Aktiva sowie auch die entsprechenden Schulden. Gleiches gilt auch für etwa vorhandenes immaterielles (und übertragbares) Unternehmensvermögen, z.B. Marken- und andere gewerbliche Schutzrechte sowie für rein tatsächliche Sachverhalte und Eigenschaften (z.B. Know-how, Kunden- und Lieferantenbeziehungen, eine bestimmte Organisationsstruktur) und einen etwa vorhandenen Firmenwert (Goodwill).
Rz. 26
Im Falle der Fortführung des ererbten Unternehmens haftet der Erbe für die sog. früheren Geschäftsverbindlichkeiten, also insbesondere Verbindlichkeiten, die der Erblasser im Rahmen seines Unternehmens begründet hatte, nicht nur mit dem Nachlassvermögen, sondern auch persönlich (§ 27 HGB).
Der Erbe hat aber gem. § 27 Abs. 2 HGB die Möglichkeit, die Geschäfte innerhalb von drei Monaten nachdem er vom Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat, einzustellen und auf diese Weise eine persönliche Haftung für im Geschäft begründete Verbindlichkeiten zu vermeiden (Einzelheiten vgl. oben § 4 Rdn 298 f.).
Rz. 27
Fällt ein Einzelunternehmen im Erbfall einer Erbengemeinschaft an, kann es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ohne zeitliche Begrenzung in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführt werden. Eine Änderung der Rechtsform, insbesondere die (automatische) Entstehung einer GbR oder OHG, ist hiermit nicht verbunden. Auch das nachträgliche Ausscheiden einzelner Miterben bzw. eine personenbezogene Teilerbauseinandersetzung ändern hieran nichts, solange noch wenigstens zwei Miterben verbleiben.
Bei der Vererbung eines einzelkaufmännischen Unternehmens kommt es demzufolge also nicht etwa zur Entstehung von Gesellschaftsanteilen, sondern lediglich von Miterbenanteilen. Für die Bewertung evtl. zu beachtende Besonderheiten ergeben sich in dieser Konstellation nicht.