1. Generalklausel (§ 17 Abs. 1 WEG)
a) Fortführung der Systematik des früheren Rechtes
Rz. 73
Im Grundsatz führt das WEMoG die Systematik des früheren Rechtes fort, wonach die materiellen Voraussetzungen der Entziehung in einer Generalklausel (nunmehr § 17 Abs. 1 WEG) kodifiziert sind, die durch ein Regelbeispiel konkretisiert wird. Dies ermöglicht es, wie früher, schon bei einmaligen, aber besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, etwa bei körperlichen Übergriffen, auch ohne Vorliegen der im Regelbeispiel geregelten Voraussetzungen, insbesondere ohne Abmahnung, auf die Generalklausel zurückzugreifen. Im Übrigen kann zur Frage der besonders schweren Verletzung von Verpflichtungen gegenüber den Miteigentümern auf die frühere Rechtsprechung zurückgegriffen werden, da die Generalklausel des § 17 Abs. 1 WEG inhaltlich und mit Ausnahme der Rolle, die der Wohnungseigentümergemeinschaft zukommt, auch wörtlich § 18 Abs. 1 WEG a.F. entspricht.
b) Verletzung von Pflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 74
Neu als Grund für die Entziehung in das Gesetz eingefügt ist die Verletzung von Pflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Sache nach war dies schon nach altem Recht selbstverständlich. Denn die Nichterfüllung der Zahlungspflichten gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a.F., die zur Entziehung führen konnte, war eine Verletzung von Pflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft. Gerade diese Verletzung von Zahlungspflichten als Hauptanwendungsfall der Verletzung von Pflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft wird nunmehr mit der Streichung von § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a.F. als Grund einer Entziehung zwar nicht ausscheiden, aber weitgehend an Bedeutung verlieren. Es verbleiben nun als Entziehungsgrund eher seltene Verstöße, etwa grobe Pflichtverletzungen des Verwaltungsbeirates bei der Überwachung des Verwalters oder gar kollusives Zusammenwirken mit ihm zum Schaden der Wohnungseigentümergemeinschaft. Als Entziehungsgrund in Betracht kommt ferner eine sonstige Schädigung des Gemeinschaftsvermögens, etwa die mutwillige Zerstörung des Aufsitzrasenmähers oder die Beschädigung von Baulichkeiten auf dem Nachbargrundstück, das die Wohnungseigentümergemeinschaft erworben hat. Hingegen sind Eingriffe in Einheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft auf demselben Grundstück schon als Verletzungen von Pflichten gegenüber den Wohnungseigentümern erfasst, da der Verband in dieser Konstellation Miteigentümer ist.
2. Verstöße gegen die Pflichten aus § 14 Abs. 1, 2 WEG als Regelbeispiel
a) Fortführung bisherigen Rechtes
Rz. 75
Fortgeführt wird die Systematik des bisherigen Rechtes auch insoweit, als die Generalklausel in § 17 Abs. 1 WEG durch ein Regelbeispiel in § 17 Abs. 2 WEG konkretisiert wird. Dieses bejaht die Voraussetzungen einer Entziehung dann, wenn der Wohnungseigentümer wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 WEG obliegenden Pflichten verstößt. Erforderlich sind also nach Abmahnung wiederholte, mithin mindestens zwei und somit insgesamt drei Verstöße.
b) Gleichartige Pflichtverletzungen
Rz. 76
Diese müssen, wie nach bisherigem Recht, zwar nicht identische, aber wesensgleiche Pflichtverletzungen zum Gegenstand haben. Es genügt also, wenn der wegen einer Körperverletzung abgemahnte Wohnungseigentümer anschließend einen Miteigentümer beleidigt und einen weiteren bedroht. Denn dann richten sich alle Pflichtverletzungen gegen das Integritätsinteresse der Miteigentümer. Hingegen kann ein Entziehungsverfahren nicht darauf gestützt werden, dass der betroffene Wohnungseigentümer zunächst unrechtmäßig Gelder der Wohnungseigentümer erschlichen und nach Abmahnung zunächst einen Miteigentümer beleidigt und anschließend seine Einheit entgegen der Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung genutzt hat. Denn hierbei handelt es sich jeweils um Verstöße gegen Pflichten mit anderer Schutzrichtung.
c) Änderungen im Rahmen des Verweises auf § 14 Abs. 1, 2 WEG
Rz. 77
Die frühere Rechtsprechung kann auch insoweit nicht fortgeführt werden, als der Verweis des § 17 Abs. 2 WEG auf § 14 WEG damit einhergeht, dass nunmehr andere Pflichten gelten. Auffälligstes Beispiel ist wohl der Wegfall von § 14 Nr. 2 WEG a.F. Bislang wurde es durchweg für möglich befunden, ein Entziehungsverfahren darauf zu stützen, dass der Eigentümer nicht auf einen störenden Nutzer seiner Einheit einwirkt. Dies wird in Zukunft nicht mehr ohne weiteres fortzuführen sein, da die Pflicht aus § 14 Nr. 2 WEG a.F. eben entfallen ist. Auch die Beschränkung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG auf Störungen des Sondereigentums kann sich insoweit auf das Entziehungsverfahren auswirken, als die Unterlassung von Störungen des Gemeinschaftseigentums nicht mehr vom gesetzlichen Pflichtenkanon erfüllt ist. Hier kommt ein Entziehungsverfahren nur nach einer Beschlussfassung nach § 19 Abs. 1 WEG in Betracht, da der störende Miteigentümer dann gegen seine Pflichten aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG verstößt.
3. Verstöße gegen finanzielle Verpflichtungen
Rz. 78
Unklar ist, inwieweit die Verletzung finanzieller Verpflichtungen nach der ersatzlosen Streichung von § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a.F. (und in der Folge des § 19 Abs. 2 WEG a.F.) noch die Entziehung von Wohnungseigentum rechtfertigen kann. Die Gesetzesmaterialien sind einm...