1. Motivation der gesetzgeberischen Bestimmung
Rz. 3
§ 43 Abs. 1 S. 2 WEG erweitert den Gerichtsstand der belegenen Sache auf Klagen aus § 9a Abs. 4 S. 1 WEG, also wegen der Haftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten ihres Verbandes. Dies soll nach dem Bekunden der Gesetzesmaterialien eine einheitliche Klage gegen sämtliche Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümergemeinschaft ermöglichen. Hierbei handelt es sich aber nur um eine Motivation des Gesetzgebers, nicht um eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Gerichtstandes nach § 43 Abs. 1 S. 2 WEG. Der Kläger kann seine Klage auch dann vor dem Gericht der belegenen Sache erheben, wenn er neben der Wohnungseigentümergemeinschaft nur einzelne Wohnungseigentümer verklagt oder sich von vorneherein auf ein Vorgehen gegen einzelne Wohnungseigentümer beschränkt.
2. Fakultativer Gerichtsstand
Rz. 4
Der Gerichtstand des § 43 Abs. 1 S. 2 WEG ist im Gegensatz zu § 43 Nr. 5 WEG a.F. nicht zwingend. Der Kläger kann einen Wohnungseigentümer wegen Verbindlichkeiten seiner Gemeinschaft auch vor einem anderen Gericht verklagen, das nach einer sonstigen Gerichtsstandsbestimmung zuständig ist. Insbesondere ist eine Klage an seinem allgemeinen Gerichtsstand möglich.
3. Sachliche Zuständigkeit
Rz. 5
Die gut gemeinte Parallelisierung des örtlichen Gerichtsstandes für Klagen gegen Wohnungseigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümer wird indessen in Ermangelung einer entsprechenden Regelung zur sachlichen Zuständigkeit häufig zusätzliche Probleme bereiten. Übersteigt der Streitwert der Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft 5.000 EUR, ist somit das Landgericht erstinstanzlich zuständig. Da Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaft wie Gesamtschuldner für deren Verbindlichkeiten haften und es sich somit nicht um verschiedene Streitgegenstände handelt, werden die Ansprüche nicht zusammengerechnet. Vielmehr ist bei subjektiver Klagehäufung die Klage gegen Verband und einzelne Wohnungseigentümer nur äußerlich verbunden; die Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen für jede Klage gesondert vorliegen. Unterschreitet die Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer nach ihrem Miteigentumsanteil den für die Zuständigkeit des Landgerichts maßgeblichen Betrag, was häufig der Fall sein wird, ist für sie nach § 23 Nr. 1 GVG das Amtsgericht zuständig. Es wird also, da § 43 Abs. 1 WEG nur die örtliche Zuständigkeit regelt, zu unterschiedlichen sachlichen Zuständigkeiten mit unterschiedlichem Instanzenzug kommen. Denkbar erscheint allenfalls eine Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 ZPO. Es erscheint aber fraglich, ob diese Vorschrift der Regelfall für Klagen aus § 9a Abs. 4 S. 1 WEG werden soll.
4. Keine Anwendung auf die Inanspruchnahme von Wohnungseigentümern aus anderem Rechtsgrund
Rz. 6
Die Zuständigkeit nach § 43 Abs. 1 S. 2 WEG stellt eine Spezialregelung dar, die nicht analogiefähig ist. Anders als nach früherem Recht kann der Gläubiger also einen Wohnungseigentümer nach Aufhebung von § 43 Nr. 5 WEG a.F. nicht wegen sonstiger Verbindlichkeiten im Gerichtsstand der belegenen Sache in Anspruch nehmen, selbst wenn sich der Anspruch auf Gemeinschafts- oder Sondereigentum bezieht. Selbst eine Haftung für die Wohnungseigentümergemeinschaft aus sonstigem Rechtsgrund (Bürgschaft, Schuldübernahme) eröffnet den Gerichtsstand des § 43 Abs. 1 S. 2 WEG nicht, da diese nur für die quotale Haftung nach § 9a Abs. 4 S. 1 WEG besteht. Eine einheitliche Klage wäre somit, wenn nicht zufällig ein gemeinsamer Gerichtstand für beide Ansprüche besteht, teilweise unzulässig.