1. Entziehungsurteil nach § 17 Abs. 4 S. 1 WEG
Rz. 82
Das neue Recht behält in § 17 Abs. 4 S. 1 WEG die Grundstruktur des bisherigen Verfahrens bei. Danach muss die Wohnungseigentümergemeinschaft im Verfahren nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG einen Titel erstreiten, der den Beklagten zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt. Dieser ist Grundlage der Vollstreckung nach den Vorschriften des ZVG. Es wird also der Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen und nach den Vorschriften des ZVG vollstreckt.
2. Ersatz des Urteiles nach § 17 Abs. 4 S. 2 WEG durch Schuldtitel nach § 794 Abs. 1 ZPO
Rz. 83
Das neue Recht gibt dem Sondereigentümer, der keine Aussichten sieht, sich erfolgreich gegen eine Entziehungsklage zu verteidigen, in § 17 Abs. 4 S. 2 WEG die Möglichkeit einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch Schuldtitel nach § 794 Abs. 1 ZPO. Er kann sich somit durch notarielle Urkunde wegen der Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zwangsvollstreckung unterwerfen. Die Verpflichtung muss entsprechend § 17 Abs. 4 S. 2 WEG wie im Urteil nach § 17 Abs. 4 S. 1 WEG dahingehend lauten, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Dieser Titel ist ebenso wie ein Urteil nach § 17 Abs. 4 S. 1 WEG Grundlage für die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks in das Grundbuch.
3. Auswirkungen auf ein laufendes Verfahren
a) Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses vor Ergehen eines Entziehungsurteils
Rz. 84
Der Schuldtitel nach § 794 ZPO führt dazu, dass sich die Einleitung des Klageverfahrens erübrigt. Denn der Wohnungseigentümergemeinschaft steht nun ein einfacherer Weg zur Durchsetzung eines Entziehungsanspruches zu. Eine gleichwohl erhobene Klage ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Eine bereits erhobene wird es nachträglich. Sie ist daher für erledigt zu erklären, woraufhin nur noch gemäß § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist. Diese Entscheidung wird regelmäßig zu Lasten des Beklagten ausgehen, da er sich in die Position des Unterlegenen begeben hat. Hingegen dürfte diese Möglichkeit ausscheiden, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits ein Entziehungsurteil erstritten hat, insbesondere dann, wenn der Zwangsversteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen ist. Denn dann ist bereits die Situation entstanden, die durch den Titel nach § 794 Abs. 1 ZPO geschaffen werden soll.
b) Sonstige Verkaufsabsichten
Rz. 85
Nach wie vor nicht geregelt ist der freihändige Verkauf während des Entziehungsverfahrens. Dies ist bis zum Erlass eines Entziehungsurteils unbegrenzt möglich. Schwieriger ist die Lage wiederum nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks. Hier dürfte man auf die Rechtsprechung zum alten Recht zurückgreifen können, wonach die einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach §§ 30a ff. ZVG auch bei Vollstreckung aus einem Entziehungsurteils nach §§ 18/19 WEG a.F. in Betracht kam, wenn hierdurch die Versteigerung vermieden werden konnte. Dies gilt nach wie vor mit der Einschränkung, dass vage Verkaufsabsichten nicht genügen. Es muss die hinreichend konkretisierte Absicht eines freihändigen Verkaufs nachgewiesen werden. Auf diesem Wege kann verhindert werden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die nach Vorliegen eines Vollziehungsurteils geschaffene Situation ausnutzt, um trotz konkreter Verkaufsabsicht des verurteilten Wohnungseigentümers die Entziehung in Ruhe zu Ende zu vollstrecken.