1. Auswirkungen der Streichung von § 21 Abs. 8 WEG a.F.
Rz. 69
Mit dieser neuen Gesetzesfassung ist indessen nicht geklärt, wie das Gericht vorzugehen hat, wenn zwar Anspruch auf eine Regelung, etwa eine Gebrauchsregelung nach § 19 Abs. 1 WEG besteht, für ihre Ausgestaltung jedoch verschiedene Möglichkeiten bestehen. Obwohl § 21 Abs. 8 WEG a.F. sprachlich und systematisch wenig überzeugend gefasst war, ließ sich dieser Vorschrift nicht nur, worauf die Gesetzesmaterialien abstellen, die Möglichkeit entnehmen, dass das Gericht insgesamt, also über das "Ob" und das "Wie" der Beschlussfassung entscheiden konnte. Die Hauptbedeutung von § 21 Abs. 8 WEG a.F. lag darin, dass sie es dem Kläger ermöglichte, einen offenen Antrag auf Entscheidung nach billigem Ermessen des Gerichtes zu stellen. Nach der ersatzlosen Streichung von § 21 Abs. 8 WEG a.F. bleibt offen, wie der Kläger nun vorzugehen hat. Der bloße Hinweis der Gesetzesmaterialien darauf, dass sich das Ermessen des Gerichtes aus materiellem Recht ergibt, hilft weder diesem noch dem Kläger. Nach allgemeinem Zivilprozessrecht wäre die frühere Möglichkeit, (hilfsweise) eine Entscheidung nach billigem Ermessen des Gerichtes zu beantragen, schlicht ein unbestimmter und daher unzulässiger Antrag. Stellt der Kläger, was das neue Recht nicht vorsieht, einen solchen Antrag nicht, kann gerade die dem Gericht eingeräumte Ermessensausübung zur Klageabweisung insgesamt führen, wenn es einen Anspruch auf eine Beschlussfassung dem Grunde nach zwar bejaht, aber den konkret beantragten Beschluss für weniger sachdienlich hält als eine andere Möglichkeit.
2. Mögliche Vorgehensweisen
a) Hinweise auf eine näherliegende Lösung
Rz. 70
Eine Möglichkeit, dieses vom Gesetzgeber bei der Aufhebung von § 21 Abs. 8 WEG a.F. offenkundig übersehene Problem zu lösen, könnte in der Erweiterung der Hinweispflichten durch das Gericht liegen. Sieht das Gericht dem Grunde nach einen Anspruch auf die begehrte Beschlussfassung, ohne die Ermessensausübung des Klägers zu teilen, müsste es ihn darauf hinweisen. Hierbei dürfte freilich eine bloße Äußerung der Art, dass ein bestimmter Gesichtspunkt nicht berücksichtigt wurde, nicht genügen. Das Gericht müsste wohl dezidierte Hinweise auf die für besser erachtete Beschlussfassung geben, um dem Kläger eine sachgerechte Antragstellung zu ermöglichen.
b) Antrag und Entscheidung nur dem Grunde nach
Rz. 71
Eine abweichende Lösung sieht der Gesetzgeber bei bestimmten Beschlussersetzungen, nämlich dem Verlangen einer baulichen Veränderung selbst vor. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH kann sich der Umbauwillige zunächst darauf beschränken, die Gestattung einer baulichen Veränderung dem Grunde nach zu verlangen. Besteht dieser Anspruch, kann die Eigentümerversammlung oder, wenn diese nach Vorbefassung nicht tätig wird, das Gericht nach einer Entscheidung dem Grunde nach über das "Wie" der Ausführung entscheiden. In Anlehnung heran könnte man auch bei sonstigen Ermessensentscheidungen zunächst etwa den Beschluss ersetzen, dass eine bestimmte Gebrauchsregelung über die Nutzung des gemeinschaftlichen Parkplatzes zu treffen ist und der Eigentümerversammlung deren Ausgestaltung im Einzelnen überlassen. Wird die Eigentümerversammlung nach einem solchen (ggf. durch das Gericht ersetzten) Beschluss nicht tätig, kommt eine weitere gerichtliche Entscheidung über das "Wie" in Betracht, die, wie im Falle der baulichen Veränderung, im Ermessen des Gerichts liegt.