Ansgar Beckervordersandfort, Prof. Dr. Jens Escher
Rz. 4
Ein Familienpool bietet grundsätzlich enorme Gestaltungsmöglichkeiten bei der Nachfolgegestaltung. Es muss zunächst aber immer intensiv abgewogen werden, ob die Gründung eines Familienpools auch für die konkrete Familie das richtige Nachfolgeinstrument ist. Wenn bereits jetzt absehbar ist, dass es in der nachfolgenden Generation ein großes Konfliktpotential gibt und die Zusammensetzung des Vermögens auch eine Aufteilung unter den Familienmitgliedern möglich macht, sollte von der Gründung eines Familienpools eher abgesehen werden, wenn nicht andere Argumente für die Gründung eines Familienpools die Nachteile durch ein erhöhtes Konfliktpotential überwiegen.
Rz. 5
Argumente für die Gründung eines Familienpools:
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Bündelung des Familienvermögens/Schutz vor Zersplitterung |
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Ganzheitliche Strategie der Familie zum dauerhaften Erhalt und Aufbau des Vermögens |
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Frühzeitige Einbindung der nächsten Generation/sukzessive Heranführung der nächsten Generation an den verantwortungsvollen Umgang mit dem Vermögen |
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Sicherstellung des fortdauernden Einflusses der Übergeber-Generation |
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Optimale Nutzung der schenkungsteuerlichen Freibeträge durch regelmäßige Schenkungen von Anteilen |
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Generierung künftiger Wertsteigerungen des Vermögens bereits bei der Nachfolgegeneration |
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Verteilung der Einkünfte auf möglichst viele Personen (Nutzung der Grundfreibeträge/ESt-Progressionsvorteil) |
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Ggf. gezielte Schaffung schenkungsteuerlich begünstigten Vermögens |
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Gezielte Verlagerung privater Kapitalanlagen in den gewerbl. Bereich: Ermöglichung WK-Abzug, freie Verlustverrechnung (Beschränkungen der AbgeltSt gelten nur im Privatvermögen) |
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Schaffung neuen Abschreibungspotenzials in Bezug auf Bestandsimmobilien |
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Holding zur Vorbereitung eines Unternehmensverkaufs. |
Argumente gegen die Gründung eines Familienpools:
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Nachfolgende Generationen müssen regelmäßig zusammen Entscheidungen treffen |
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Nachfolgende Generationen können nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter die Vermögenssubstanz für den allgemeinen Konsum liquidieren |
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Kosten für die Gründung des Familienpools |
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Leicht höhere Kosten für die laufende Verwaltung |
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Familienpool nicht geeignet, wenn die nachfolgenden Generationen schon jetzt stark zerstritten sind und kein Interesse an gemeinsamen Aktionen haben |
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Familienpool nicht geeignet, wenn das Vermögen zu gering ist |
Nachfolgend werden die diversen zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Aspekte bei der Nachfolgegestaltung unter Einsatz eines Familienpools sowohl abstrakt als auch konkret anhand des Beispielsfalls dargestellt.
I. Wahl der richtigen Rechtsform für Familienpool
Rz. 6
Wenn die Familie sich für die Gründung eines Familienpools entschieden hat, muss zunächst die richtige Rechtsform gewählt werden. Ein Familienpool ist grundsätzlich in allen Rechtsformen denkbar. Meist kommt er in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Kommanditgesellschaft (KG), der GmbH & Co. KG oder der GmbH vor.
1. Familienpool in der Rechtsform der GbR
Rz. 7
Vor der Handelsrechtsreform im Jahre 1998 konnten Gesellschaften, die nur eigenes Vermögen verwaltet hatten, nicht in das Handelsregister eingetragen werden. Dies war der Grund dafür, dass rein vermögensverwaltende Familienpools in der Vergangenheit meist in der Rechtsform der GbR vorkamen.
a) Zivilrechtliche Aspekte
Rz. 8
Die Rechtsform der GbR hat allerdings viele Nachteile. So ist insbesondere die persönliche Haftung gerade bei einem größeren Gesellschafterkreis problematisch, da hier nicht mehr alle Gesellschafter in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden können, aber dennoch alle Gesellschafter mit ihrem gesamten Vermögen unbeschränkt haften. Zudem ist der Vertretungsnachweis schwer zu führen, da sich die Vertretungsberechtigung aus keinem öffentlichen Register entnehmen lässt. Ferner ist bei jedem Wechsel im Gesellschafterbestand eine Berichtigung des Grundbuchs vorzunehmen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass bei der Beteiligung von Minderjähriger an einer GbR aufgrund der unbeschränkten Haftung zwingend ein Ergänzungspfleger erforderlich ist und die ebenfalls zwingend erforderliche Genehmigung des Familiengerichts regelmäßig nicht erteilt wird. Die GbR ist daher regelmäßig keine geeignete Rechtsform für einen Familienpool.
b) Ertragsteuerrechtliche Aspekte
Rz. 9
Die GbR ist wie alle Personengesellschaften im Grundsatz steuerlich transparent, d.h. sie unterliegt selbst nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Die Besteuerung findet vielmehr anteilig auf der Ebene der Gesellschafter statt. Die Gesellschafter werden also im Grundsatz so behandelt, als hätten sie die Einkünfte der Gesellschaft entsprechend ihres Anteils an der Gesellschaft bzw. an deren Gewinn selbst erzielt (sog. Bruchteilsbetrachtung). Die Einkünfte werden hierzu gleichwohl einheitlich und gesondert festgestellt (§§ 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 181 AO). Ob die Gewinnanteile der Gesellschafter aus der Gesellschaft entnommen werden oder ob diese thesauriert werden, ist für die Besteuerung der Gesellschafter ohne Belang.
Rz. 10
Beschränkt sich die Tätigkeit der GbR auf die Verwaltung eigenen Vermögens, z.B. von Immobilien und Wertpapiere...