Rz. 20
Auf Antrag des Gläubigers kann das Verfahren einstweilen eingestellt werden und nach rechtzeitiger Fortsetzung ein weiteres Mal, § 30 Abs. 1 ZVG. Nach Einstellungsbewilligung scheidet der Gläubiger aus dem Kreis der betreibenden Gläubiger aus; sein Antrag kann nur dann dem geringsten Gebot zugrunde gelegt werden, wenn er rechtzeitig einen Fortsetzungsantrag stellt. Der Fortsetzungsbeschluss muss spätestens vier Wochen vor dem Zwangsversteigerungstermin dem Schuldner zugestellt worden sein, § 43 Abs. 2 ZVG.
Rz. 21
Die Einstellungsbewilligung ist bis zur Zuschlagsverkündung zulässig. Wird sie nach Schluss der Versteigerung bewilligt, so kann nur noch durch Versagung des Zuschlags entschieden werden, § 33 ZVG. Voraussetzung für die Zuschlagsversagung ist, dass die Einstellung von dem bestrangig betreibenden Gläubiger ausgeht, für andere Gläubiger wird deren Einzelverfahren lediglich eingestellt.
Rz. 22
Hinweis
Wenn der Schuldner einen Einstellungsantrag stellt und der Gläubiger durchaus bereit ist, ebenfalls einer einstweiligen Einstellung zuzustimmen, sollte er selbst keinen Einstellungsantrag stellen, sondern dem Antrag des Schuldners mit Zahlungsauflagen zustimmen. Hierdurch hat der Gläubiger selbst keine Einstellungsbewilligung verbraucht, jedoch der Schuldner. Eine zeitliche Verzögerung tritt meistens auch nicht ein, zu denken ist hierbei nur an die Ausschöpfung des Rechtsmittelweges gegen einen zurückweisenden Beschluss.
Rz. 23
Hat der Gläubiger das Verfahren bereits zweimal eingestellt, gilt eine dritte Einstellungsbewilligung als Verfahrensrücknahme, § 30 Abs. 1 S. 2 ZVG. Im Hinblick auf das Prinzip des Einzelverfahrens setzt die gesetzliche Rücknahmefiktion voraus, dass der Gläubiger die dritte Einstellungsbewilligung
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in dem von ihm durchgängig betriebenen Verfahren, |
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in dem Verfahren aufgrund desselben Beschlagnahmebeschlusses, |
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wegen des einheitlichen Anspruchs aus derselben Rangposition abgibt. |
Nur bei Vorliegen dieser drei Voraussetzungen ist eine Verfahrensaufhebung gerechtfertigt.
Rz. 24
Hinweis
Betreibt der Gläubiger das Verfahren wegen einer Teilforderung und bewilligt er zweimal die einstweilige Einstellung, und tritt er dann dem Verfahren wegen einer weiteren Teilforderung oder abgespaltenen Nebenleistung bei und bewilligt er erneut die einstweilige Einstellung, dann gilt dies als dritte Einstellungsbewilligung mit Antragsrücknahmefiktion. Die wiederholte Bewilligung der vorläufigen Einstellung des Versteigerungsverfahrens nach § 30 ZVG ist rechtsmissbräuchlich, wenn damit allein der Zweck verfolgt wird, durch langfristige Verfahrensbetreibung Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben.
Rz. 25
Nach Auffassung des LG Bonn ist das Verfahren auch dann aufzuheben, wenn der betreibende Gläubiger seinen Versteigerungsantrag zurücknimmt, später aber dem von einem anderen Gläubiger weiterbetriebenen Verfahren erneut beitritt, da die vor der Antragsrücknahme erklärten Einstellungsbewilligungen mit denen nach dem erneuten Beitritt zusammengerechnet werden müssen. Diese Auffassung ist als zu weitgehend abzulehnen. Richtig ist daher die Auffassung des OLG Düsseldorf, welches auf die Einstellungsbewilligungen in den jeweiligen Einzelverfahren abstellt. Konkret war der Gläubiger hier aus jeweils fälligen Zinsforderungen dem Verfahren mehrfach beigetreten und hatte jeweils Einstellungsbewilligungen abgegeben.
Rz. 26
Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Zinsen ohne die Hauptforderung fällig waren, da andernfalls eine Aufsplitterung der Forderung in Hauptanspruch und Zinsen als missbräuchliche Rechtsausübung anzusehen ist.
Rz. 27
Einem Gläubiger ist es aber grundsätzlich unbenommen, die Zwangsversteigerung wegen der dinglichen Zinsen in der Weise zu betreiben, dass er wegen später fällig werdender Zinsen jeweils den Beitritt zum Verfahren erklärt. Erst nach Eintritt der besonderen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen gem. § 751 Abs. 1 ZPO ist die Zwangsvollstreckung möglich, sodass es insoweit zu mehreren selbstständigen Einzelverfahren, die hinsichtlich der Einstellung und der Aufhebung gesondert zu betrachten sind, kommt.
Rz. 28
Der Gläubiger handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn seine ernsthafte Versteigerungsabsicht erkennbar ist und er das Verfahren nicht nur zu dem Zweck betreibt, Druck auf den Schuldner auszuüben. Nur wenn der Gläubiger rechtsmissbräuchlich handelt, ist das Verfahren aufzuheben.
Rz. 29
Hinweis
Für den Gläubiger ist bei dieser Verfahrensweise Vorsicht geboten. Benutzt der Gläubiger das Verfahrensinstrument der einstweiligen Einstellung als permanentes Druckmittel gegen den Schuldner, muss ihm die ernsthafte Versteigerungsabsicht abgesprochen werden. Wenn das Gesamtverhalten des Gläubigers als verwerflich zu betrachten ist, ist das Verfahren aufzuheben.