Rz. 104

In Betracht kommt auch, dass ein Anrecht zwar nicht mehr dem Grund, wohl aber noch in Bezug auf seine Höhe verfallbar ist, dass es also trotz grundsätzlicher Unverfallbarkeit in seiner Höhe noch in der Höhe veränderlich ist. Im Ausgleich bei der Scheidung kann dann das Anrecht nur insoweit ausgeglichen werden, wie es auch in seiner Höhe unverfallbar ist. Was darüber hinausgeht, ist im Ausgleich nach der Scheidung auszugleichen.[70] Das ganze Anrecht ist erst nach der Scheidung auszugleichen, wenn die Aufteilung in einen unverfallbaren und einen verfallbaren Teil nicht möglich ist.

 

Rz. 105

Besondere praktische Bedeutung hat das in Bezug auf die verfallbare Einkommensdynamik bei einkommensabhängigen Versorgungen. Um die Ehezeitanteile solcher Anrechte bewerten zu können, wird insoweit das Ausscheiden des Ausgleichspflichtigen zum Ehezeitende fingiert. Der Ausgleichsberechtigte wird dementsprechend beim Wertausgleich bei der Scheidung von der Teilhabe an den aus nachehelichen Einkommenssteigerungen resultierenden Wertsteigerungen des Anrechts ausgeschlossen, wenn diese bei Ehezeitende noch verfallbar sind. Eine Teilhabe an diesen Wertsteigerungen kann nur noch über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung geltend gemacht werden.[71] Eine Berücksichtigung in einem Abänderungsverfahren in Bezug auf den ­Ausgleich nach der Scheidung kommt dagegen nicht in Betracht; denn die Abänderung von Entscheidungen über betriebliche Anrechte ist nach § 225 Abs. 1 FamFG, § 32 VersAusglG ausgeschlossen, weil es sich bei den betrieblichen Versorgungen nicht um solche aus Regelalterssicherungssystemen handelt.[72]

 

Rz. 106

Ein weiterer Anwendungsfall sind die zweistufigen Versorgungen. In Betracht kommt das unter anderem bei den Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes. Bei diesen Versorgungen kann nur der Teil der Versorgung, der im Zeitpunkt der Entscheidung über den Ausgleich bei der Scheidung bereits in seiner Höhe nach unveränderbar feststeht, in den Ausgleich bei der Scheidung einbezogen werden. Der veränderliche Teil (in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes: die Versorgungsrente) ist dagegen nicht ausgleichsreif und muss deswegen später im Ausgleich nach der Scheidung ausgeglichen werden.[73] Zur Startgutschriftenproblematik siehe § 6 Rdn 45.

[72] A.A. Rahm/Künkel/Wagner, Versorgungsausgleichssachen, Rn 73.

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